Die HSV-Handballer kämpfen heute und am Freitag gegen die Füchse Berlin um den Verbleib in der Champions League. Für die Hamburger geht es auch um Prestige und Image.

Hamburg. Den HSV-Handballern kann man seit Montag überall in der Stadt begegnen. Unter den Slogans „Die Zukunft beginnt jetzt“ und „Handball braucht Charakter“ werben die Hamburger auf 300 hinterleuchteten Plakaten um neue Freunde. Zu sehen sind jeweils drei Spieler in einem rot eingefärbten Trikot sowie ein roter Ball, der durchs Bild fliegt. Rot – das ist die Farbe der Champions League, die der HSV im Juni erstmals gewinnen konnte. Womit der Anspruch dieses Vereins hinreichend kenntlich gemacht wäre.

Schon deshalb darf eigentlich nicht sein, was durchaus sein kann: dass der Titelverteidiger nämlich in der europäischen Spitzenklasse nicht vertreten ist. Einiges steht also auf dem Spiel, wenn an diesem Mittwoch bei den Füchsen Berlin und am Freitag in der heimischen O2 World (jeweils 19 Uhr) der vierte und letzte deutsche Teilnehmer im Play-off-Verfahren ermittelt wird.

Die Chance dazu hat der HSV als Bundesligafünfter nur bekommen, weil er die vergangene Saison mit letzter Kraft durch den Champions-League-Sieg gerettet hat. Sollte sie aber verpasst werden, würde sich die neue Serie gleich nachhaltig eintrüben. „Es geht für uns um viel“, mahnt Geschäftsführer Christoph Wendt. Die Teilnahme an der Champions League sei „wichtig fürs Prestige und fürs Image, umso mehr, als wir Titelverteidiger sind“.

Es ist bei Weitem keine Existenzfrage, zum Kreis der 24 besten Vereine Europas zu gehören. Die Prämien, die die Marketingtochter des Europaverbands EHF für die Champions League ausgelobt hat, nehmen sich fast bescheiden aus. Jeder Teilnehmer erhält ein Startgeld von 40.000 Euro. Die Summe kann sich in der zehn Spiele umfassenden Vorrunde im besten Fall des Gruppensiegs noch einmal verdoppeln. Im Achtelfinale werden 25.000 Euro pro Mannschaft ausgezahlt, im Viertelfinale weitere 40.000. Erst in der Endrunde werden die Summen sechsstellig. Der Sieger nimmt 350.000 Euro aus Köln mit nach Hause.

Zusammengerechnet konnte der HSV vergangene Saison eine halbe Million Euro Preisgeld einspielen. Hinzu kommen Einnahmen durch Kartenverkauf und Vermarktung von Werbeflächen bei Heimspielen. Auch die Sponsoring-Erlöse dürften teilweise höher ausgefallen sein, bedeutete doch jedes Champions-League-Spiel bisher garantierte Fernsehzeit. Für die neue Saison steht ein TV-Vertrag noch aus.

Sanieren aber konnte sich der HSV durch den größten Erfolg seiner Geschichte nicht. Allein die Teilnahme an der Champions League erfordert einen erheblichen finanziellen Aufwand. „Es bedeutet mehr Stress und mehr Spiele für die Profis“, sagt Thorsten Storm, der Manager der Rhein-Neckar Löwen. Entsprechend müsse der Kader erweitert werden – und das nicht allein, weil in der Champions League 16 Akteure pro Spiel gemeldet werden dürfen, zwei mehr als in der Bundesliga. Rechne man noch Reisekosten hinzu, bleibe die Teilnahme zunächst ein Zuschussgeschäft. „Erst vom Achtelfinale an ist die Bilanz ausgeglichen“, sagt Storm, „mit dem Viertelfinale beginnt es sich zu lohnen.“

Damit, dass seine Mannschaft im Vorjahr die Qualifikation verpasste, hat er längst seinen Frieden geschlossen. In der Bundesliga konnten die Mannheimer auch aufgrund der geringeren Belastung lange mit dem späteren Meister Kiel mithalten und sich für die Champions League qualifizieren. Am Saisonende gab es dann den ersten Titel der Vereinsgeschichte zu feiern: den EHF-Pokal, dessen Gewinn der namensgebende Verband allerdings nur mit 100.000 Euro honoriert. Heute sagt Storm: „Dieser Wettbewerb war für unsere Entwicklung genau richtig.“

Auch in Berlin scheint man keine Angst vor dem kleineren Europapokal zu haben. „Wenn wir es in zwei Spielen gegen Hamburg nicht schaffen, haben wir das ehrgeizige Ziel, das Finalturnier im EHF-Cup zu erreichen. Und wir haben die kleine Hoffnung, unseren Fans am Ende der Saison einen internationalen Pokal präsentieren zu können“, sagt Füchse-Präsident Frank Steffel.

Beim HSV hingegen ist die Sorge vor dem Abstieg spürbar. Er würde auch die Frage neu aufwerfen, ob es wirklich einen Kader von 20 Mann braucht, um die kommende Spielzeit durchzustehen – und, wenn ja, wie er ohne Champions-League-Einnahmen zu finanzieren ist.

Es hat also nicht viele Heimspiele gegeben in der HSV-Geschichte, in denen es um mehr ging als am Freitag. Bei den Fans scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben. Die Kartennachfrage ist so verhalten, dass der Oberrang abgehängt bleibt.