Der ehemalige Fußballtorwart will als neuer Geschäftsführer den Champions-League-Sieger HSV Handball in Hamburg bekannter machen.

Hamburg. Frank Rost ist da! Blauer Anzug, weißes Hemd, weiße Krawatte, braune Wildlederschuhe. Neun Kamerateams sind gekommen, 40 Medienvertreter. Das ist großer Bahnhof. Bei den HSV-Handballern kann sich niemand an ein größeres Medienaufgebot bei einer Pressekonferenz erinnern.

Der ehemalige Fußballtorwart des Hamburger SV soll künftig den Handball Sport Verein (HSV) Hamburg präsentieren. Rost, 39, tat es gleich bei seinem ersten Auftritt in der Volksbank Arena, bei seiner Vorstellung als Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH & Co. KG. Am 1. Juli wird er den Job antreten. Er wird den Verein verändern. Das steht schon vor seinem offiziellen Amtsbeginn fest. Und es ist genau das, was Präsident Matthias Rudolph so schnell wie möglich will: „Wir müssen in der Stadt präsenter, bekannter werden. Jeder Hamburger soll demnächst wissen, wer der HSV Handball ist.“

Rost, studierter Marketingfachmann, präzisiert das Ziel: „Wir müssen eine Marke werden, die uns irgendwann unabhängig vom Erfolg macht.” Den FC St. Pauli nennt er als Beispiel. „Die können 13. oder 14. werden, das Stadion ist immer voll, und im Merchandising gehören sie zu den führenden Clubs in Deutschland.“ Wie schmal der Grat ist, auf dem die Handballer zuletzt wandelten, erklärt Rost: „Hätte die Mannschaft nicht vor drei Wochen die Champions League gewonnen, es wäre die schlechteste Saison seit 2006 gewesen.“

Mit Rosts Engagement wird sich der HSV Hamburg neu aufstellen. Präsident Rudolph, 55, und Cheftrainer Martin Schwalb, 50, geben ihre Geschäftsführerposten in der Spielbetriebsgesellschaft auf, Rost übernimmt einen, Geschäftsstellenleiter Christoph Wendt, 38, behält seinen. Schwalb (Rost: „Der beste Handballtrainer in Deutschland“) wird im sportlichen Bereich weiter das Sagen haben. Aber nicht allein. Rosts Philosophie lautet: Es wird immer Schnittpunkte geben, wir teilen unsere Sorgen, jeder kann von jedem profitieren. Niemand soll dem anderen reinreden, aber jeder dem anderen zuhören. Dass Vereinsfinancier Andreas Rudolph sich weiter einmischen wird, begrüßt er. Mit dessen Führungsstil habe er kein Problem, sagt Rost: „Ich schätze klare Ansagen und kurze Entscheidungswege.“

Deshalb ziehe ihn momentan auch nichts zurück zum Hamburger SV. „Die arbeiten schon seit drei Jahren an ihrem Umbruch.“ Was er nicht als Kritik am Club, sondern eher an den Verantwortlichen versteht. „Ich trage die Raute noch im Herzen.“ Demnächst auch auf der Visitenkarte. Die wieder stärkere Vernetzung beider Vereine kann er sich „gut vorstellen“. Ein Handballspiel zum Beispiel gegen Meister THW Kiel in der Fußballarena hält Rost in näherer Zukunft dennoch für utopisch. „Dafür musst du mindestens 30.000 Zuschauer auf die Beine bringen.“

Rost fordert aber einen einheitlichen Spielplan für die Handball-Bundesliga. „Man braucht feste Termine, um diese Sportart noch populärer zu machen,“ sagte der neue starke Mann beim HSV: „Da sind auch der Deutsche Handball-Bund und die Liga gefordert.“ Es sei wünschenswert, dass man einen festen Spieltag findet, „dann wird es auch wieder für das Fernsehen interessant. Eine Spieltagszusammenfassung wäre Gold wert für den Handball“, sagte Rost.

Champions-League-Pokal auf Wanderschaft

Rost möchte öffentlich noch keine Konzepte präsentieren, die er intern längst vorgestellt hat. Die Richtung jedoch deutet er an. Die klassische Bandenwerbung sei etwas für den Fußball, die müssten dafür nur mit den Fingern schnippen, der Handball könne damit höchstens Kleingeld verdienen. „Ich lebe nicht auf einer Gummibanane im Paralleluniversum“, sagt Rost. „Unsere Aufgabe wird es sein, neue Wege zu finden. Wir müssen unsere Leistungen besser kommunizieren, – dieser Verein hat schließlich viel vorzuweisen –, und unser Projekt noch fester in der Stadt und bei den Menschen verankern, es intensiv mit unseren Partnern leben. “

Ein erster Schritt: Der Champions-League-Pokal geht in den nächsten Wochen auf Wanderschaft. Die HSV-Sponsoren dürfen ihn ihren Kunden präsentieren, zunächst die Einzelhandelskette Rewe. Dass es nicht leicht werden wird, in einer reichen Kaufmannsstadt wie Hamburg an das Geld anderer Leute zu kommen, ist Rost bewusst: „Besitz kommt nämlich von behalten.“

Ob mit den schlanken Strukturen der Handballer, „die haben ihren Profibereich ja bereits vor Langem ausgegliedert“, der angestrebte Wandel gelingt, kann er nicht versprechen. Er wird daran arbeiten, täglich mit dem Ehrgeiz, der ihn schon als Fußballprofi auszeichnete. „Wenn es leicht wäre, Handball zu vermarkten, hätten sie mich wohl nicht geholt. Doch gerade diese Herausforderung reizt mich sehr.“ Die Jugendarbeit liegt ihm zudem am Herzen. „Jeder Hamburger in unserer Bundesligamannschaft erhöht die Identifikation mit unserem Club.“

Rosts Seitenwechsel basiert auf einem Zufall. Irgendwann Ende März, Rost kehrte von einem Termin beim FC Ingolstadt 04 zurück, traf er Andreas Rudolph auf dem Münchner Flughafen. Man kam ins Plaudern. Ob er sich nicht vorstellen könne, beim HSV Handball etwas zu machen, fragte ihn Rudolph. Rost, der aus einer Handballfamilie kommt, – Vater Peter wurde mit der DDR 1980 Olympiasieger, Mutter Christina 1975 Weltmeisterin –, gefiel die Idee. Ernst nahm er sie zunächst nicht – bis ihn am nächsten Tag Matthias Rudolph anrief. „Dann habe ich angefangen darüber nachzudenken.“

Rost, glaubt HSV-Aufsichtsratschef Uwe Wolf, wird dem Verein guttun. „Wir wollen starke Präsenz, also brauchen wir auch starke Repräsentanten.“

HSV-Präsident Rudolph hat Verhandlungen mit Nationaltorhüter Silvio Heinevetter, 28, bestätigt. Dessen Vertrag bei den Füchsen Berlin läuft am 30. Juni 2014 aus – wie die Kontrakte der HSV-Torhüter Johannes Bitter, 30, und des Dänen Marcus Cleverly, 32. Weil die Berliner sparen müssen, rechnen die Füchse nicht damit, Heinevetter halten zu können.