Domagoj Duvnjak wechselt 2014 zum THW. Weltmeister Joan Cañellas kommt dann aus Madrid zum HSV

Hamburg. Wer in den vergangenen Tagen mit Matthias Rudolph, 55, dem Präsidenten der HSV-Handballer sprach, vernahm bei seinen Aussagen stets einen leicht frustrierten Unterton. „Das hat mit meinem Alter zu tun“, wiegelte Rudolph alle Nachfragen ab. Jetzt sind die Gründe für seine Gemütslage bekannt. Domagoj Duvnjak, 25, der zurzeit wohl beste Handballspieler der Welt, verlässt die Hamburger nach Auslaufen seines Vertrages am 30. Juni 2014. Er geht zum deutschen Rekordmeister THW Kiel, dem größten Rivalen des HSV. Am Wochenende unterschrieb Duvnjak dort einen Dreijahresvertrag plus Option. Ein Transfer schon für die kommende Saison scheint ausgeschlossen. Der HSV würde von den Kielern eine Ablösesumme von mindestens 700.000 Euro fordern.

Für Ersatz hat der Club bereits gesorgt. 2014 wechselt der spanische Weltmeister Joan Cañellas von Atlético Madrid für mindestens drei Jahre nach Hamburg. Der 26-Jährige, 1,98 Meter groß, 100 Kilogramm schwer, gilt als deckungsstark und kann im Angriff auf allen Rückraumpositionen eingesetzt werden. In 85 Länderspielen warf Cañellas 204 Tore, im WM-Finale im Januar gegen Dänemark sieben. In den Planungen des HSV war der Rechtshänder jedoch nicht als Vertreter Duvnjaks, sondern als weitere Verstärkung vorgesehen. „Wir hätten dann den stärksten Rückraum der Welt gehabt“, glaubt Rudolph, „jetzt haben wir für 2014/15 immer noch einen ganz hervorragenden.“

Duvnjaks Abgang nächstes Jahr, sagt Rudolph, „ist eine große Enttäuschung für uns. Wir hatten bis zuletzt auf sein Bleiben gehofft.“ Mitte vergangener Woche hatte Duvnjaks Berater Tomislav Grahovac dem HSV die Entscheidung mitgeteilt. Rudolph: „Die Entwicklung kam nicht überraschend. Duvnjaks Berater hatten zwar immer wieder betont, wie gut es ihm beim HSV und in Hamburg gefällt, zuletzt hatten sie jedoch mehrere Gesprächstermine verstreichen lassen.“ Der Neuaufbau der Mannschaft werde dadurch zwar beeinträchtigt, jedoch nicht grundlegend gestört. „Unser künftiges Team wird auch ohne ‚Dule‘ in Deutschland und Europa ganz oben mitspielen können“, ist der Präsident von den Qualitäten des verjüngten Kaders überzeugt.

Dunvjak war im August 2009 für rund 1,2 Millionen Ablöse vom kroatischen Meister RK Zagreb zum HSV gekommen. An der Summe hatte er sich mit einem gestaffelten Gehaltsverzicht über den Vertragszeitraum von fünf Jahren beteiligt. Beim neuen Angebot ging der HSV an seine finanzielle Grenzen. „Kein Spieler hat von uns je eine bessere Offerte erhalten“, sagt Rudolph. Angeblich hat der HSV rund 30.000 Euro netto pro Monat geboten. Im europaweiten Poker um den Spielmacher hatte der polnische Meister KS Kielce wohl das meiste Geld auf den Tisch gelegt, rund 40.000 Euro netto im Monat. Kiels letztes Angebot lag darunter.

Die Verhandlungen zwischen Duvnjak und dem THW hatten vor einem Jahr begonnen, „im vergangenen Winter wurde diese Gespräche konkreter“, berichtet Kiels Geschäftsführer Klaus Elwardt. Der Abgang von vier verdienten Stammspielern in diesem Sommer verschaffte dem Meister und Pokalsieger die finanziellen Spielräume, um Duvnjak zu locken. „Er ist ein überragender Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten“, sagt Kiels Trainer Alfred Gislason. „Einer wie er ist ein Geschenk für jede Spitzenmannschaft.“

Es scheinen aber auch sportliche Gründe gewesen zu sein, die Duvnjak zum Umzug nach Kiel bewogen. Der schwierige anfängliche Verlauf der vergangenen Saison beim HSV, mit der Ankündigung von tiefen Gehaltseinschnitten, mag ihn darin bestärkt haben, dass er in Zukunft die angestrebten großen Titel eher mit dem THW gewinnen kann, dem überragenden Handballverein Europas der vergangenen Jahre. Duvnjak, der Ende Mai von Trainer und Managern der Bundesliga zum besten Spieler der Saison gewählt wurde, fasste seinen Entschluss offenbar schon Anfang April, als vom späteren Champions-League-Sieg seines HSV noch nichts zu ahnen war. Mit dem Wissen um diesen Triumph wäre seine Entscheidung eventuell anders ausgefallen.

Der vom HSV erzwungene Wechsel seines Freundes Igor Vori nach Paris in diesem Sommer dürfte sie Duvnjak zumindest erleichtert haben. Vori und er waren 2009 gemeinsam von Zagreb gewechselt, seither gehörte Duvnjak bei dem Kreisläufer gleichsam zur Familie.

„Natürlich freue ich mich auf meine Zeit beim THW“, ließ Duvnjak jetzt mitteilen, „aber in der nächsten Saison gilt meine volle Konzentration dem HSV, dem ich so viel zu verdanken habe.“ Wenn auch Sätze wie diese stets aufgesetzt klingen, so möchte man sie einem wie Duvnjak doch abnehmen. „Er hat einen ehrlichen Charakter und sich immer absolut korrekt verhalten“, sagt Rudolph. Dass es dennoch in einem Jahr zur Trennung kommen wird, sei auf den Einfluss seines Umfelds zurückzuführen, glauben viele beim HSV.

In persönlichen Gesprächen mit HSV-Trainer Martin Schwalb und Vereinsfinancier Andreas Rudolph hatte Duvnjak in der vergangenen Woche seine Entscheidung erklärt. „Das war privat, absolut nichts für die Öffentlichkeit“, sagt Schwalb. Natürlich sei er über den Weggang seines besten Spielers betrübt, „aber die Situation ist, wie sie ist. Ich freue mich vielmehr über jeden, der sich für den HSV entscheidet, und mit Cañellas haben wir eine echte Granate verpflichtet. Der Junge wollte unbedingt zu uns, das spricht für ihn.“ Der HSV sei ein „absoluter Topclub“ und Hamburg biete als Stadt „alles, was man sich wünscht“, sagt Cañellas. Er freue sich darauf, „bald für das beste Team in Deutschland und aktuell in Europa spielen zu dürfen“.