Das Viertelfinalrückspiel der Champions League ist am Sonntag das siebte Saisonduell. Mit Mannschaften, die bei ihren Angriffsbemühungen das Tempo verschleppen, hatte der HSV in der Vergangenheit Probleme.

Hamburg. Wenn Martin Schwalb in diesen Tagen über das Viertelfinalrückspiel in der Champions League gegen die SG Flensburg-Handewitt spricht, setzt der Trainer der HSV-Handballer eine besonders ernste Miene auf. Niemand in seinem Umfeld soll auch nur entfernt dem Gedanken verfallen, dass die Angelegenheit nach dem überraschend deutlichen 32:26 (15:14)-Sieg der Hamburger im Hinspiel bereits erledigt sei. Schwalb sagt dann das, was Trainer in dieser Situation immer sagen: "Es ist erst Halbzeit."

Weil die zweite Hälfte am Sonntagabend (18.30 Uhr, O2 World) nicht bei null, sondern bei 6:0 beginnt, ist beim Coach dennoch vorsichtiger Optimismus zu spüren. "Die Flensburger werden sich bei ihren Angriffen mit dem Werfen wahrscheinlich nicht allzu lange Zeit lassen können. Das ist jedoch nicht nur der Gesamtsituation geschuldet, das entspricht auch dem aggressiven Spielstil der Kaufmanns und Glandorfs. Die halten sich nicht lange mit irgendwelchem Kombinationsspiel auf. Das sollte uns entgegenkommen", sagt Schwalb. Und dass er zu diesen Worten lächelt, darf wohl als Zeichen der Zuversicht gewertet werden.

Mit Mannschaften, die bei ihren Angriffsbemühungen das Tempo verschleppen, hatte der HSV in der Vergangenheit stets das Problem, seinen gewohnten Rhythmus zu finden. Der schnelle Gegenstoß, eine der wichtigsten Waffen der Hamburger, fiel dieser Taktik oft genug zum Opfer. Fehlen aber diese einfachen Tore, ist die Wurfkraft aus dem Rückraum gefragt. Und an der haperte es zuletzt wiederholt.

Selbst hier scheint inzwischen Besserung in Sicht. In Flensburg entschieden die Halblinken Pascal Hens und Blazenko Lackovic mit ihren jeweils sechs Treffern das Spiel. Beider Form ist allerdings abhängig von ihrem Gesundheitszustand. Während Lackovic Entwarnung gibt, "mit meinem gebrochenen Zeigefinger ist alles in Ordnung", plagen Hens immer mal wieder seine Sprunggelenke. Bei seinem Alter (33), seiner Größe (2,03 m), seinem Gewicht (102 Kilo) und dem Verschleiß von 14 Jahren Profi-Handball kann der Weltmeister von 2007 nicht mehr auf Heilung hoffen, höchstens auf Linderung. Da sind sieben Tage Abstand zwischen Hin- und Rückspiel Balsam für seine geschundenen Füße.

Der Flensburger Petar Djordjic soll deshalb sein Nachfolger beim HSV werden, wenn Hens' Vertrag am 30. Juni 2015 ausläuft - und ihn zuvor bis dahin entlasten. Der 22-Jährige wechselt im Sommer nach Hamburg. Nach einem Kreuzbandriss und acht Monaten Pause gab Djordjic im April in den Spielen gegen den HSV sein Comeback. Zwar traut er sich noch keine Sprungwürfe zu, allein schon seine Unterarmwürfe aus dem Stand waren für HSV-Torhüter Johannes Bitter kaum zu parieren. "Petar besitzt durch sein flexibles Handgelenk die Gabe, ohne erkennbar Schwung zu holen, den Ball zu beschleunigen. Das können nur wenige", schwärmt Schwalb. Sechs Tore warf Djordjic im Hinspiel, als er in der zweiten Halbzeit enger von der HSV-Abwehr gedeckt wurde, gelang es ihm nicht mehr, seine Fähigkeiten entscheidend einzusetzen.

Mit jedem Spiel gegen Flensburg, hat Schwalb festgestellt, gibt es auch neue Erkenntnisse über den eigentlich ausanalysierten Gegner, über die Mentalität seiner Spieler, mit bestimmten Situationen umzugehen. "Die eine oder andere Nuance entdeckt man während der Begegnung oder beim nachträglichen Videostudium immer mal wieder."

Am Sonntag treffen beide Teams das siebte Mal in dieser Saison aufeinander - und jetzt das vierte Mal innerhalb von 20 Tagen. Mit je zwei Siegen, zwei Unentschieden (in der Bundesliga) und zwei Niederlagen ist die Gesamtbilanz ausgeglichen. "Überraschungen sind inzwischen ziemlich ausgeschlossen. Wir werden auf alles vorbereitet sein", sagt Schwalb. "Dasselbe gilt sicherlich für die Flensburger."

Deren Trainer Ljubomir Vranjes setzt dann auch eher auf den Faktor Zeit. "Wir hatten endlich einmal sieben Tage Pause, um uns von den Strapazen der vergangenen Wochen zu erholen. Im Hinspiel machten mehrere Spieler auf mich einen sehr müden Eindruck. Gegen eine Mannschaft wie den HSV kannst du aber nur gewinnen, wenn alle in Bestform sind", sagt der Schwede.

Fehlende Kraft sei eine der Ursachen gewesen, dass sein Team nach einer 21:17-Führung in der 43. Minute einbrach, danach 1:10 Treffer in Folge kassierte. Nationalspieler Steffen Weinhold hat eine weitere Schwäche erkannt: "Uns fehlt die Eigenschaft, in den entscheidenden Situationen die Big Point zu machen. Daran sind wir im Hinspiel gescheitert." Den Flensburgern bleiben jetzt nur noch 60 Minuten, um das zu korrigieren.

Champions League, Viertelfinale, Rückspiele: Sonnabend, 16 Uhr, Eurosport live: Veszprém (Ungarn) - THW Kiel (Hinspiel 31:32); 19 Uhr: FC Barcelona - Atlético Madrid (20:25); Sonntag 17 Uhr: Kielce (Polen) - Skopje (Mazedonien/27:25); 18.30 Uhr, Eurosport live: HSV - Flensburg (32:26).