Der ehemaliger Fußballtorhüter Frank Rost ist Topkandidat für die Position des Geschäftsführers. Ex-Präsident Andreas Rudolph kehrt zurück.

Hamburg. Andreas Rudolph, 58, lächelte. Nicht einmal die Niederlage der HSV-Handballer im Pokalhalbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt konnte die gute Laune des ehemaligen Vereinspräsidenten trüben. Der erfolgreiche Medizinunternehmer denkt längst über den Tag hinaus. Mehr als ein Jahr lang hatte sich der Sponsor und Mäzen mit öffentlichen Auftritten beim Handball zurückgehalten, am vergangenen Wochenende betrat er in der Hamburger O2 World wieder jene Bühne, die er mehr als acht Jahre mit großem persönlichen und finanziellem Engagement bespielt hatte. Spekulationen, dass seine Rückkehr zum HSV bevorstehe, wies er erwartungsgemäß zurück: "Ich bin draußen und bleibe draußen."

Das ist nur die halbe Wahrheit. Erstens war Rudolph nie weg, zweitens bastelt er mit seinem Bruder Matthias, 55, dem amtierenden Präsidenten des HSV Hamburg, an einem nachhaltigen Konzept für die Zukunft. Die sportlichen und wirtschaftlichen Rückschläge nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft im Jahr 2011 wollen die Rudolphs nicht mehr tatenlos hinnehmen. Dazu kommt der momentane Zuschauerrückgang. Zur Deckung des laufenden Saisonetats von rund acht Millionen Euro dürfte am Ende der Spielzeit eine hohe sechsstellige Summe fehlen.

Von der kommenden Saison an will der Club wieder angreifen. Das ambitionierte Ziel für die nächsten Jahre steht: der Gewinn der Champions League. Es ist der Titel, der den HSV-Handballern nach zwei Pokalsiegen 2006 und 2010, dem Europapokalsieg der Pokalsieger 2007 und der Meisterschaft fehlt. Bei dem Aufbruch zu neuen Erfolgen im Einklang mit größer finanzieller Solidität soll ein Mann helfen, dem der Handball in die Wiege gelegt war: Frank Rost, 39, ehemaliger Fußball-Torhüter des HSV und derzeit Trainer der HSV-Fußballfrauen in der Regionalliga Nord.

Seine Eltern haben Handball-Geschichte geschrieben. Vater Peter Rost führte die DDR-Nationalmannschaft 1980 in Moskau als Kapitän zu Olympiagold, Mutter Christina Rost wurde 1975 mit der DDR Weltmeister, 1976 Olympiazweiter und 1980 -dritter.

Frank Rost ist der Topkandidat auf den Posten des Hauptgeschäftsführers der HSV-Handballer. Erste Gespräche mit den Rudolphs wurden geführt, weitere, ins Detail gehende sind für die nächste Woche anberaumt. Beim Final Four am Wochenende in der O2 World saß Rost unter den Zuschauern. Werden sich beide Seiten einig, würde er noch in dieser Saison einsteigen. Sein Hauptaufgabengebiet soll die Akquise von Sponsoren werden. Seit fast zwei Jahren konnte der Verein auf diesem Gebiet keinen nennenswerten Erfolg mehr verkünden. Rost, der sein Fernstudium Betriebswirtschaft und Management gerade abgeschlossen hat, soll mit seiner Bekanntheit und Popularität den Handballern neue Türen öffnen.

Vorbild dafür könnte der ehemalige Mönchengladbacher Fußballprofi Thomas Eichin sein, der von 2001 bis Ende 2012 als Geschäftsführer des Eishockeyclubs Kölner Haie arbeitete, bevor er vor vier Monaten zu Werder Bremen als Geschäftsführer Sport in die Fußball-Bundesliga zurückwechselte. Rost wäre eine ähnliche Karriere zuzutrauen. Vom Abendblatt mit dem Interesse der HSV-Handballer an seiner Person konfrontiert, wollte sich Rost nicht dazu äußern: "Kein Kommentar."

Rost ist inzwischen die Wunschlösung der Rudolphs. Zuvor hatte Bob Hanning, 45, Geschäftsführer und Spiritus Rector des Handball-Bundesligaclubs Füchse Berlin, ganz oben auf der Kandidatenliste gestanden. Hanning, von Dezember 2002 bis Mai 2005 HSV-Trainer, sagte aber wegen seiner Verpflichtungen in Berlin ab. "Ich hatte beim HSV eine schöne, aufregende Zeit in einer sehr schwierigen Phase der Vereinsgeschichte, den Gründerjahren. Zur jetzigen Personalsituation beim HSV werde ich mich jedoch nicht äußern", sagte Hanning dem Abendblatt.

Auch mit Uwe Schwenker, 54, hatten die HSV-Handballer Kontakt aufgenommen. Der ehemalige Geschäftsführer des THW Kiel, einer der erfolgreichsten Handball-Manager der Welt, war in der vergangenen Woche von allen Vorwürfen im Zusammenhang mit einer ihm unterstellten Schiedsrichterbestechung beim Champions-League-Finale 2007 gegen Flensburg in letzter Instanz freigesprochen worden. "Im Moment bin ich für vieles offen. Was am Ende passiert, muss man abwarten", sagte Schwenker, ebenfalls Gast beim Final Four in Hamburg. HSV-Präsident Matthias Rudolph stellte indes klar: "Bei uns ist dieses Thema nicht aktuell." Es hätte auch einen Beigeschmack. Es war schließlich Andreas Rudolph, der den angeblichen Manipulationsskandal um Schwenker und den ehemaligen THW-Trainer Zvonimir "Noka" Serdarusic vor vier Jahren mit seinen brisanten Aussagen befeuert hatte.

Die Suche eines neuen Hauptgeschäftsführers ist nicht die einzige Personalie, die die Rudolphs derzeit umtreibt. Die Mannschaft soll für die nächste Saison weiter verstärkt und Spielmacher Domagoj Duvnjak, 24, über das Vertragende 2014 hinaus an den Verein gebunden werden. An seine Unterschrift knüpft der Kroate auch die Bedingung, eine Mannschaft an seiner Seite zu haben, mit der er Titel gewinnen kann. Den Wunsch wollen ihm die Rudolphs gern erfüllen. Andreas Rudolph scheint bereit, dafür weiteres privates Geld in den Verein zu investieren.

Eine weitere Akte wurde ebenfalls wieder geöffnet. Der HSV hat erneut Gespräche mit Talant Dujshebaev, 44, aufgenommen. Andreas Rudolph traf sich mit dem Trainer von Atlético Madrid Ende März beim Achtelfinalspiel der Champion League zwischen den Füchsen Berlin und Madrid. Die Verpflichtung Dujshebaevs war 2012 an den Forderungen des naturalisierten Spaniers gescheitert. Der hatte ein Monatssalär von 40.000 Euro gefordert. Zu dem jüngsten Treffen seines Bruders mit dem einstigen Wunschtrainer sagte Matthias Rudolph jetzt dem Abendblatt: "Er hat Talant nur meine Grüße ausgerichtet. Wir haben mit Martin Schwalb einen hervorragenden Coach."