Im ersten von vier Nordderbys holen die HSV-Handballer in der Bundesliga beim 23:23 in Flensburg ein Unentschieden. Trainer Schwalb optimistisch.

Flensburg. Die letzten 20 Sekunden passten irgendwie zu diesem intensiven Kampfspiel, dem ersten in einer Serie von vier Duellen, die sich die SG Flensburg-Handewitt und der HSV Hamburg bis zum 28. April liefern werden. Fünfmal versuchten die Flensburger einen Freiwurf auszuführen, fünfmal wurden sie nach dem ersten Pass von den Hamburgern festgemacht. Und als es in letzter Sekunde noch einen weiteren, diesmal aus 16 Metern, gab, schickten die Schiedsrichter erst Fredrik Petersen und dann Igor Vori mit Zweiminutenstrafen vom Feld, weil sie die Abwehrmauer zu früh aufgelöst hatten. Den Wurf von Petar Djordjic parierte schließlich HSV-Torhüter Johannes Bitter. Das Endergebnis von 23:23 (9:12) lässt alle Fragen für die nächsten drei Partien offen.

HSV-Trainer Martin Schwalb fiel es dementsprechend schwer, ein Fazit zu ziehen. "Grundsätzlich können wir mit dem Punkt für den Kampf um die Champions-League-Plätze leben", sagte er nach längerem Nachdenken. "Wir haben bis zum gegnerischen Kreis einen hervorragenden Handball gespielt, aber allein in der ersten Halbzeit haben wir 13 Bälle aus guten Positionen verworfen. Wenn wir etwas in den nächsten Spielen gegen Flensburg entscheidend verbessern können, dann dies."

Wüsste man es nicht besser, hätte man nach den Darbietungen während der 60 Minuten zwei Mannschaften vom Tabellenende der Bundesliga auf dem Feld vermutet und nicht zwei Teams, die sich zu den besten der Welt zählen. Fehlwürfe, Missverständnisse, technische Fehler - Flensburger und Hamburger standen sich in nichts nach, um auf den vollbesetzten Rängen Kopfschütteln auszulösen.

Schon der Anfang war dem HSV misslungen. In den ersten zwei Minuten scheiterten Hans Lindberg mit einem Siebenmeter und Marcin Lijewski zweimal frei vom Kreis aus sechs Metern an Torhüter Sören Rasmussen. Der Däne hatte von Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes den Vorzug vor Stammkeeper Mattias Andersson erhalten, der diesmal nicht an seinen Arbeitsplatz durfte. Im Pokalhabfinale am Sonnabend in der Hamburger O2 World wird Andersson wohl wieder zwischen den Pfosten stehen. "Der HSV hat jetzt gesehen, dass wir zwei überragende Torhüter zur Verfügung haben. Wir müssen viermal gegen Hamburg spielen, da sollten wir stets ein paar Alternativen in petto haben", sagte Vranjes. Rasmussen parierte 20 von 43 Würfen (47 Prozent).

Natürlich war nicht alles schlecht in diesem Spiel. Dafür haben beide Teams dann doch zu viel individuelle Klasse zu bieten, zum Beispiel Holger Glandorf auf Flensburger Seite und HSV-Spielmacher Domagoj Duvnjak. Sie setzten die Akzenten in einer über weite Strecken tempoarmen Begegnung. Von zwei verkrampft wirkenden Mannschaften war der HSV zunächst die bessere. Auch wenn die Fehlwurfquote in der ersten Halbzeit um zehn Prozent höher als bei den Flensburgern war, hatten die Hamburger das Spiel nach neun Minuten im Griff, weil Torhüter Bitter wieder Beine, Arme und Knie an den Ball brachte und im Angriff wenigstens Kreisläufer Vori drei Mal traf. Dass es dennoch mit 12:9 nur zu einen bescheidenen Halbzeitführung der Hamburger reichte, lag an den sieben verschossenen Bällen frei vor dem Tor. In der zweiten Hälfte brachte der HSV - nach Meinung der Schiedsrichter - eine weitere Variante ins Spiel: das Stürmerfoul. Viermal liefen die Hamburger Angreifer, Vori, Lijewski, Michael Kraus und Duvnjak, auf ihre bereits stehenden Flensburger Gegenspieler auf, was jedes Mal Ballverlust und Gegenangriff bedeutete. Und so viele Bälle konnte Bitter auch nicht halten, so dass sich Nationalspieler Steffen Weinhold nach 44 Minuten die Chance zum 16:16-Ausgleich bot. Er nutzte sie und eine Minute später die zum 17:16 ebenfalls.

Und jetzt durfte Petar Djordjic zeigen, warum ihn der HSV für die nächsten drei Jahre verpflichtet hat. Fast neun Monate hatte der gebürtige Serbe nach einem Kreuzbandriss pausieren müssen, in der 47. Minute krönte er sein kurzes Comeback, als aus acht Metern zum 19:17 traf. Zwei Tore folgten.

Doch der HSV hatte noch Antworten parat. Petersen hieß die beste in der Endphase. Der schwedische Linksaußen warf fünf Tore und verhinderte die HSV-Niederlage. Es ist dann wohl die Breite seines Kaders, die Trainer Schwalb optimistisch den weiteren Duellen mit Flensburg entgegenblicken lässt.

Tore, Flensburg: Glandorf 7, Mogensen 4, Kaufmann 4, Djordjic 3, Weinhold 2, Svan Hasse 2, Machulla 1; Hamburg: Petersen 5, Duvnjak 4, M. Lijewski 4, Vori 3, Lindberg 3, Flohr 2, Hens 2. Schiedsrichter: Immel/Klein (Tönisvorst/Ratingen). Zuschauer: 6300. Zeitstrafen: 4; 7. Rote Karte: Lijewski (51.) nach der dritten Zeitstrafe. Siebenmeter: 1 (0 verwandelt); 3 (0).