HSV-Kreisläufer Igor Vori und seine Teamkollegen starten beim spanischen Klub Ademar León in die neue Champions-League-Saison.

Hamburg. Igor Vori, 32, hat Hunger. Das Training der HSV-Handballer war kräftezehrend, und so schnappt sich der 2,03 Meter große Kroate gleich mehrere Kekse, die hübsch drapiert auf einem Teller im Presseraum der Volksbank-Arena liegen. Nicht gerade die gesündeste Kost für einen Profisportler. "Aber ich brauche jetzt etwas Zucker", sagt Vori und grinst. Mit seinem Team startet der Kreisläufer an diesem Sonnabend (19 Uhr, Eurosport) in die neue Champions-League-Saison. Der erste Gegner in Gruppe A ist der spanische Spitzenklub Ademar León.

Hamburger Abendblatt: Herr Vori, herrscht bei Ihnen Lust oder Frust im Hinblick auf die neue Champions-League-Saison?

Igor Vori: Lust natürlich, wieso auch nicht?

Die Belastungen durch die Teilnahme an der Königsklasse sind ungleich höher.

Vori: Natürlich ist das anstrengend. Aber ich freue mich riesig auf die Champions-League-Duelle, weil sie etwas ganz Besonderes sind. Es ist der Traum jedes Spielers, im Final Four in der Kölner Lanxess-Arena zu stehen und um den Titel zu kämpfen. Mit dem HSV sind wir dort 2011 nur knapp im Halbfinale gegen Ciudad Real gescheitert. Das war enttäuschend, weckt aber auch den Ehrgeiz in einem.

Von der kroatischen Nationalmannschaft hingegen haben Sie sich erst einmal eine Ruhepause verordnet. Die WM im Januar 2013 wird in Spanien ohne Sie stattfinden.

Vori: Ich brauche Zeit, um Kraft zu tanken. Im Nationalteam zu spielen ist ein Privileg. Aber das Pensum, das uns abverlangt wird, ist enorm. In 13 Monaten habe ich drei große Turniere gespielt. Nach den Olympischen Spielen in London hatten wir nur einen Tag frei, bevor das Training mit dem HSV losging. Das zehrt an den Kräften.

Schmerzen die Knochen, wenn Sie morgens nach einem Spiel aufstehen?

Vori: Natürlich. Und wie! Ich muss dann ein paar Bewegungen machen, um in die Gänge zu kommen. Man spürt den Verschleiß. Die Füße tun weh, die Knie.

Und im Spiel?

Vori: Nein, da merke ich nichts. Da bin ich voller Adrenalin.

Was ist eigentlich anstrengender: das Reisen oder das Spielen?

Vori: Eindeutig das Reisen.

Wie vertreiben Sie sich die Zeit während der Fahrten?

Vori: Ich gucke meistens Filme auf dem iPad oder versuche zu schlafen. Man bekommt die Zeit schon rum.

Machen Sie sich manchmal auch Gedanken über Ihre Zukunft?

Vori: Hey, ich bin 32 Jahre alt. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Aber für mich gibt es derzeit nur den HSV. Hamburg ist eine tolle Stadt, meine Familie und ich sind glücklich hier. Ich kann mir vorstellen, meine Karriere beim HSV zu beenden.

Sie sind inzwischen Co-Kapitän. Haben Sie damit gerechnet, dass Ihnen dieses Amt übertragen wird?

Vori: Keinesfalls. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind, als Martin Schwalb nach den Olympischen Spielen zu mir kam und mir gesagt hat, ich sei ein wichtiger Kopf und deshalb prädestiniert für das Amt. Es ist mein viertes Jahr in Hamburg, und ich betrachte es als große Ehre, Co-Kapitän zu sein.

Halten Sie Reden vor der Mannschaft?

Vori: Die Reden hält Martin Schwalb. Ich versuche eher, das Team auf dem Spielfeld zum Kämpfen zu animieren und gute Leistungen zu bringen. Ob ich Co-Kapitän bin oder nicht, ist dabei relativ egal. Nicht ich stehe im Mittelpunkt, sondern die Mannschaft.

Ihre Rolle im Team ist also unverändert?

Vori: Nein, nein, ich herrsche jetzt wie ein Tyrann ... (lacht) Aber im Ernst: Ich verhalte mich genauso wie vorher auch.

Einen Wandel hat dafür der HSV vollzogen: Der Verein muss sparen und hat die Spieler dazu aufgefordert, auf 20 Prozent des Gehalts zu verzichten. Wie stehen Sie dazu?

Vori: Dazu möchte ich nichts sagen.

Belastet Sie das Thema nicht?

Vori: Nein, ich blende das aus. Ich konzentriere mich ganz auf den Sport. Deshalb bin ich hier.

Sportlich läuft es beim HSV derzeit ganz passabel. Experten loben den Siegeswillen der Mannschaft, bemängeln allerdings die spielerische Qualität. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Vori: Ich kann nur darauf verweisen, dass unser Hauptproblem die Verletztensituation ist. Mit Oscar Carlén, Johannes Bitter und Torsten Jansen fehlen uns momentan drei Leute, die normalerweise Teil der ersten sieben sind. Zudem hatten wir durch die Olympischen Spiele in London keine optimale Saisonvorbereitung. Das sind Dinge, die man berücksichtigen muss. Aber wir machen jede Woche Fortschritte. Und dass wir unser erstes Bundesligaspiel gegen Wetzlar verloren haben - das sehe ich positiv.

Wie das?

Vori: Diese Niederlage kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Sie war ungemütlich, hat uns aber wachgerüttelt. Wir kämpfen jetzt um jeden Sieg.

Ende Februar werden Sie erneut Vater. Haben Sie Angst davor, dass Sie die Geburt angesichts des stressigen Terminkalenders beim HSV verpassen könnten?

Vori: Nein. Die Chancen stehen gut, dass ich bei der Entbindung dabei sein kann. Das Baby wird in Kroatien zur Welt kommen. Ich hoffe, dass ich hinfliegen kann, wenn es so weit ist.

Wird es ein Junge oder ein Mädchen?

Vori: Ein Mädchen.

Wenn die Kleine später auch Handballprofi werden möchte wie ihr Papa - würden Sie ihr dazu raten?

Vori: Auf keinen Fall! Handball ist zu brutal für Mädchen.

Und für Jungen?

Vori: Mein Sohn Petar hat über 20 Bälle in seinem Zimmer. Wenn er Lust auf Handball hat - wunderbar. Bei einem Jungen bin ich da wohl entspannter. Aber er soll selbst entscheiden.