Gehaltseinbuße von 20 Prozent soll Saison sichern. Präsident Rudolph dementiert. Schwedischer Linksaußen Petersen ersetzt verletzten Jansen.

Hamburg. Eine Woche vor dem Bundesliga-Auftakt in Wetzlar vermelden die HSV-Handballer einen neuen Spieler. Linksaußen Fredrik Petersen steht vor einem Wechsel vom insolventen dänischen Meister AG Kopenhagen zu den Hamburgern. Petersen, 28, der am vergangenen Sonntag mit Schweden die olympische Silbermedaille gewann, soll den Ausfall Torsten Jansens kompensieren. Der 35-Jährige klagt seit Monaten über Probleme mit der linken Patellasehne.

"Fredrik ist ein überdurchschnittlicher Linksaußen", schwärmt Präsident Mathias Rudolph und lässt durchblicken, dass der HSV ein Schnäppchen gemacht hat: "Die Situation ist erschreckend für Kopenhagens Spieler, sie können in diesen Tagen nicht marktwertgerecht unterschreiben."

+++ Hamburger Handballfans feiern die Gille-Brüder +++

Transfercoups dieser Art sind dem HSV in den vergangenen Jahren eher selten gelungen. Meist wurden Stars für viel Geld nach Hamburg gelockt. Offenbar hat sich der letztjährige Meister mit seiner großzügigen Gehaltsstruktur übernommen. Nach Abendblatt-Informationen wurde den Spielern am Freitag nahegelegt, freiwillig auf 20 Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Andernfalls sei die Saison nicht gesichert. Den betroffenen Profis wurde eine Bedenkzeit bis Mitte September eingeräumt.

Rudolph dementierte allerdings jegliche Absicht, die Spielergehälter zu kürzen: "Alle Spieler bekommen ihr Gehalt so, wie es in den Verträgen steht. Jede andere Information ist nicht richtig." Der neue Präsident räumte lediglich ein, dass dem Verein Sparmaßnahmen bevorstünden: "Wir müssen zusehen, künftig unnütze Ausgaben zu vermeiden." Die Verträge mit den Rückraumstars Blazenko Lackovic und Marcin Lijewski sowie Jansen waren vor der Saison bereits zu deutlich reduzierten Bezügen verlängert worden. Zudem fielen durch den Wechsel der Gille-Brüder nach Chambéry zwei Großverdiener aus der Gehaltsliste.

Der Kurswechsel nach sieben fetten Jahren war nötig geworden, nachdem Rudolphs Bruder und Vorgänger Andreas im Frühjahr angekündigt hatte, sein Engagement zu reduzieren. Der Medizinunternehmer, der den HSV bis 2011 als Präsident und Geschäftsführer führte und immer noch drei Viertel der Anteile hält, hatte über Jahre im großen Stil Spieler verpflichtet und Verträge sehr großherzig ausgestattet. Von den Gremien wurde die Politik mitgetragen, weil der 57-Jährige dem Klub am Ende jeder Saison mit einem Millionenbetrag beisprang.

Nun mehren sich Zweifel, ob Andreas Rudolph für die Kosten, die er dem HSV aufgebürdet hat, in Zukunft noch aufkommt. Christoph Wendt und Trainer Martin Schwalb, Rudolphs Nachfolger im Amt des Geschäftsführers, waren am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der HSV wäre nicht der einzige prominente Bundesligist, der seinen Etat durch einen Reduzierung der Bezüge sichern wollte. Im vergangenen Monat hatte der TBV Lemgo seine Profis zu einem Verzicht genötigt, um eine Deckungslücke zu schließen. Auch er soll bei 20 Prozent gelegen haben. In der Vergangenheit haben auch die SG Flensburg-Handewitt und der VfL Gummersbach die Insolvenz durch eine Gehaltskürzung abgewendet.

"Es hat im Handball schon fast System, den Spielern die Pistole auf die Brust zu setzen", sagt ein Branchenkenner. Die Situation für die Vereine scheint günstig: Nachdem in Spanien etliche Klubs in Finanznot geraten sind und nun Kopenhagen aufgrund der Finanznot seines Mäzens Jesper Nielsen ganz aufgeben musste, ist der Transfermarkt mit Topspielern überschwemmt worden. Kurzfristig entlastet das die Bundesligaklubs: Nach Jahren starken Wachstums sind die Gehälter erstmals rückläufig.

Dementsprechend gut wäre die Verhandlungsposition des HSV. Erfahrungsgemäß verschließen sich Handballer nicht, wenn sie damit die Existenz ihres Arbeitgebers sichern können. Als Gegenleistung könnten sie ihren Vertrag an anderer Stelle nachbessern lassen, zum Beispiel durch Ausstiegsklauseln oder Verlängerungsoptionen.