Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Meister werden ist nicht schwer, Meister sein dagegen sehr, könnte man frei nach Wilhelm Busch über die Saison eins der HSV-Handballer nach dem ersehnten Titelgewinn formulieren. Weil ihnen aber schon das Meisterwerden ungemein schwerfiel, droht das Meistersein zur ultimativen Herausforderung für Verein, Mannschaft, Fans und Sponsoren zu werden. Nach 14 Spieltagen ist die Titelverteidigung angesichts der selbstbewussten Auftritte des THW Kiel bereits Illusion, und selbst ein Ausscheiden am Mittwochabend im Pokalachtelfinale bei den Rhein-Neckar Löwen wäre keine Überraschung mehr.

Dennoch: Das Erreichte sollte angesichts der momentanen Kluft zwischen erneut gestiegenen Erwartungen und - allerdings weiter sehr respektabler - sportlicher Realität nicht kleingeredet werden. Der HSV hat Spitzenhandball nach 30 Jahren Diaspora in Hamburg etabliert, er hat sich als Konkurrent des deutschen Rekordmeisters Kiel stabilisiert, und er hat Zehntausende Zuschauer über Jahre hinweg mit attraktiven Spielen und gelebter Fannähe begeistert. Und anders als Bayer Leverkusen im Fußball sind die Hamburger dazu noch deutscher Meister geworden.

Das war ein Kraftakt, sportlich wie finanziell, der nicht beliebig zu wiederholen ist. Das hohe Niveau zu festigen, die Basis zu stärken sollte das Ziel der nächsten Jahre sein. Der Klub und seine handelnden Personen haben das Vertrauen verdient, ihnen Zeit für diese Aufgaben zu geben. Meistert der HSV die nach der abgewendeten Insolvenz im Jahr 2005 wohl schwierigste Phase seiner noch jungen Vereinsgeschichte, hat er eine große Zukunft.