Die HSV-Handballer besiegen Melsungen souverän mit 35:28 – der 19. Erfolg des deutschen Meisters in Folge. Nun kommt es zum Showdown.

Hamburg. Es lief die 29. Minute im Handball-Bundesligaspiel zwischen dem HSV Hamburg und dem MT Melsungen, als Melsungens Linksaußen Christian Zufelde auf den Videowürfel in der O2 World hochblickte und beim Anblick der Zahlen den Kopf schüttelte. 18:11 führte der deutsche Meister eine Minute vor dem Seitenwechsel, und von Zufeldes Lippen war abzulesen, was er von diesem Zwischenstand hielt, nämlich nichts. Er drückte seine Enttäuschung nur etwas drastischer aus.

Eine Stunde später, die Hamburger Spieler schrieben nach ihrem 35:28- Sieg immer noch fleißig Autogramme in der Halle, gab sich Melsungens Trainer Michael Roth in seiner Spielanalyse mit der Niederlage und mit ebendiesen sieben Toren Differenz zufrieden: "Für uns ist das ganz okay. Wir haben letztlich ein vernünftiges Ergebnis erzielt. Ich denke, es ist alles so gelaufen, wie es sich der HSV vorgestellt hat."

Sätze wie diese sind seit Wochen immer wieder nach den Spielen des HSV zu hören. Seit fast drei Monaten läuft es im Pokal, der Champions League und der Bundesliga so, wie es sich die Hamburger von Beginn dieser Saison an vorgestellt hatten. Nach den anfänglichen Niederlagen bei den Füchsen Berlin und den Rhein-Neckar Löwen in Mannheim folgten wettbewerbsübergreifend 19 Siege in Folge, eine zumindest statistisch imponierende Serie; allerdings, das mag einschränkend hinzugefügt werden, hatten sich die meisten der vergangenen 19 Gegner - wie am Sonnabend Melsungen - hauptsächlich vorgenommen, die Höhe der erwarteten Niederlage gegen den HSV erträglich zu gestalten.

HSV Hamburg behält weiße Weste in der Champions League

Was diese Serie tatsächlich wert ist, wird sich in den nächsten zehn Tagen zeigen. In den anstehenden drei Auswärtsspielen am Mittwoch in Lübbecke, am Sonntag in Kiel und am 14. Dezember im Achtelfinale des Pokals in Mannheim dürften sich schon Erfolg oder Misserfolg dieser Spielzeit abzeichnen. Mit Siegen in Lübbecke und Kiel, dort wurden den Hamburgern in der vergangenen Meistersaison drei ihrer am Ende sechs Minuspunkte verpasst, würde der HSV wieder aussichtsreich in den Titelkampf zurückkehren, ein Erfolg bei den Rhein-Neckar Löwen brächte das Team dem angestrebten Erreichen des Final Fours in eigener Arena ein Spiel näher. "Die Mannschaft ist jetzt richtig in der Saison angekommen. Da sind wieder Souveränität und Selbstvertrauen zu spüren", sagt Präsident Martin Schwalb, 48, "aber die wirklich schweren Spiele kommen erst. Die fangen am Mittwoch in Lübbecke an. In dieser engen Halle, in der die Zuschauer fast bis an den Spielfeldrand sitzen, haben alle Spitzenmannschaften ihre Probleme, wir hatten sie zuletzt auch."

Auch wenn Prognosen weiter schwerfallen, der HSV scheint gerüstet für die kommenden Aufgaben. Die Abwehr ist wieder betont kontaktfreudig, sucht die Nähe zu den Gegenspielern, und hinter ihr brillierten zuletzt im Tor sowohl Dan Beutler als auch Johannes Bitter. Im Angriff wiederum ist die Mannschaft variabler geworden, seit Marcin Lijewski auf die Position im rechten Rückraum zurückgekehrt ist. "Man merkt ihm zwar noch in einigen Szenen an, dass er zehn Wochen pausiert hat, aber mit jeder Spielminute steigt sein Spielverständnis", sagt Per Carlén. "In Kiel sollte er wieder bei hundert Prozent sein." Und auch Neuzugang Renato Vugrinec, der wegen der Personalnot auf Lijewskis Position Ende September verpflichtet wurde, erfreut den Trainer jedes Mal ein bisschen mehr: "Dass er sich so schnell so gut entwickelt hat, war eigentlich nicht zu erwarten. Er hat physisch den Anschluss gefunden und kann jetzt auch in der Deckung eingesetzt werden." Allein das mutmaßliche Fehlen von Spielmacher Michael Kraus (Muskelfaserriss in der Wade) trübt Carléns Zuversicht. "Mit seiner Dynamik könnte er ein paar andere Akzente im Angriff setzen. Das wäre in Kiel hilfreich." Kraus macht derzeit Krafttraining. "Ob es bis zum nächsten Sonntag reicht", sagt er, "weiß ich nicht. Aber die Jungs schaffen es in dieser Form auch ohne mich." Kiel kann kommen.

Tore, HSV Hamburg: Lindberg 9 (3 Siebenmeter), Hens 6, Lijewski 4, Duvnjak 3, Lackovic 3, Vori 3, B. Gille 2, Vugrinec 2, Jansen 1, Flohr 1, G. Gille 1; MT Melsungen: Vasilakis 7, Karipidis 4, Allendorf 4, Schöngarth 3, Vuckovic 3, Schweikardt 2, Danner 2, Månsson 1, Fahlgren 1, Zufelde 1. SR: Dinges/Kirsch (Eggenstein). Zuschauer: 9077. Zeitstrafen: 2; 3. Siebenmeter: 3 (3 verwandelt); 3 (3).