HSV Hamburg zeigt gegen Flensburg wieder Selbstbewusstsein. Für Trainer Carlén hatte der Erfolg gegen Ex-Arbeitgeber besondere Bedeutung.

Hamburg. Als Per Carlén kurz vor Mitternacht den VIP-Raum in den Katakomben der O2 World betrat, wurde der Trainer der HSV-Handballer mit herzlichem Beifall begrüßt. Das ist in diesen Kreisen eher ungewöhnlich, vor allem nach einem ganz normalen Bundesligaspiel. Der 27:19-Erfolg der Hamburger gegen die SG Flensburg-Handewitt war jedoch alles andere als ein normaler Sieg. "Wir sind wieder da, man muss wieder mit uns rechnen", glaubt HSV-Präsident Martin Schwalb nach der besten Saisonleistung und erklärte die zwischenzeitliche sportliche Krise des deutschen Meisters für beendet.

Für Carlén hatte der Erfolg gegen seinen alten Arbeitgeber dazu besondere Bedeutung. Aus Flensburg waren ihm nach seinem Zwangsabschied vor fast genau einem Jahr viele unschöne, imageschädigende Dinge nachgerufen worden, zum Beispiel, dass er ein Handballspiel nicht lesen könne, dass er von Taktik nur beschränkt Ahnung habe, diese damals stets von seinem Co-Trainer Ljubomir Vranjes, dem heutigen Flensburger Chefcoach, ausgearbeitet worden sei, und dass er zu oft zu laut werden würde. "Das ist doch alles Quatsch", entrüstete sich Carlén.

+++ Flensburg verzweifelt an einer Wand namens Bitter +++

Gegen Flensburg jedenfalls stimmte die HSV-Taktik, und Carlén führte von der Seitenlinie aus ruhig Regie. Die offensive Abwehr ließ den Gegner kaum zum Wurf kommen, hinter ihr entschärfte Torhüter Johannes Bitter fast jeden zweiten Ball. "Ich hatte ihn schon am Mittag gesagt, dass er ein großes Spiel machen wird", erzählte Carlén am Abend und stellte damit bislang unbekannte prophetische Gaben unter Beweis. Was den Hamburgern in den ersten Saisonspielen am meisten gefehlt hatte, demonstrierten sie diesmal wieder im Meistermaß: Selbstbewusstsein und positive Körpersprache.

"Wir haben es geschafft, dass uns nicht jeder Fehler mehr runterzieht und in Verzweiflung treibt. Wir wollten zu Saisonbeginn alles ganz perfekt machen, und als uns das misslungen ist, haben wir zum Teil fürchterlichen Mist zusammengespielt", sagte Linksaußen Torsten Jansen. "Diesmal haben wir so gespielt, dass wir uns die Fehler, die immer passieren, leisten konnten. Und dadurch haben wir sie auch dramatisch reduziert." Noch eine Woche zuvor hatte der HSV beim Aufsteiger Bergischen HC zahlreiche Bälle sinnlos ins Aus geworfen (und dennoch 29:25 gewonnen).

Was den Wandel bewirkte, stand für Nationalspieler Matthias Flohr fest: "Wir waren in den vergangenen Wochen vier Tage gemeinsam unterwegs. Auf dieser Reise haben wir viel miteinander geredet, unsere Probleme analysiert und offenbar die richtigen Schlussfolgerungen gezogen." Dass mit dem Sieg gegen Flensburg die Wende zum Besseren endgültig eingeleitet worden ist, will Jansen nicht beschreien: "Es lief vieles perfekt, bei unserer Angriffsleistung haben wir noch Potenzial. Wir sind auf dem richtigen Weg, mehr nicht." Das Wichtigste zum Schluss: "Es hat wieder Spaß gemacht", so Kapitän Guillaume Gille.