Hamburg. Sie kennt sich aus mit Männern. Andrea Nikoleit trainiert seit rund zehn Jahren Herrenmannschaften des Hamburger Traditionsvereins TH Eilbeck. Sie ist eine von wenigen Frauen, die es geschafft haben, sich über Jahre als Coach eines Männerteams zu etablieren und sich die Akzeptanz und Anerkennung der Spieler zu erarbeiten. Noch im vergangenen Jahr coachte Nikoleit eine Landesliga-Truppe. "Angesichts dessen habe ich immer auch die Entwicklung in der Herren-Bundesliga beobachtet, ganz besonders die vom HSV Hamburg", sagt die 48-Jährige.

Für das Abendblatt besuchte Nikoleit das Auftaktspiel des deutschen Meisters gegen den TuS N-Lübbecke - und saß erstmals direkt am Spielfeldrand in der O2-World. "Hier bekommt man eine völlig neue Perspektive und sieht erst, wie schnell und dynamisch das Spiel ist", bemerkt die ehemalige Bundesliga-Spielerin just nach Beginn der Partie. Nikoleit erwartet in dieser Saison vom HSV vor allem eine Entwicklung im Hinblick auf das Gegenstoßspiel und das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff.

"Als Per Carlén noch Trainer in Flensburg war, hat er das temporeiche Spiel stark forciert. Unter Martin Schwalb habe ich das etwas vermisst", sagt Nikoleit. Gegen Lübbecke konnten die Hamburger Carléns Konzept allerdings nur selten umsetzen. Ein Umstand, den Nikoleit so nicht erwartet hatte. Überhaupt war die Trainerin überrascht, wie viele einfache Fehler den Spielern gerade zu Beginn der Partie unterliefen. "Natürlich ist das Profispiel viel schneller als das von Hobbymannschaften", sagt Nikoleit, "aber manchmal fragt man sich schon, wie es sein kann, dass selbst einfache Anspiele derart misslingen."

Auch die zeitweise hochkochenden Emotionen bei Lübbecke und dem HSV aufgrund strittiger Schiedsrichterentscheidungen sorgten für ein Déjà-vu-Erlebnis: "Fehlentscheidungen kommen vor. Aber es ist wichtig, sich nicht ewig aufzuregen, sondern auf das eigene Spiel zu konzentrieren", sagt Nikoleit. Dem HSV gelang das am Ende deutlich besser als dem Team von Markus Baur. Vor allem die Reaktion der Hamburger auf den 12:14-Rückstand in der Halbzeit imponierte Nikoleit. "Die Geschlossenheit der Mannschaft, diese Unterstützung selbst von Akteuren, die nicht zum Einsatz kommen, ist viel wert", sagt Nikoleit. Letztlich seien die Paraden von Keeper Dan Beutler, die starke Abwehr und die Kondition des HSV entscheidend für den Sieg gewesen. "Das Erfolgsrezept ist wohl überall dasselbe", so die Expertin, "egal, ob in der Bundes- oder Landesliga."