Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Die Lage ist so ernst, dass sich Scherze verbieten. Die Handball-Bundesliga (HBL) hat Spielern, Trainern und Funktionären einen Maulkorb verpasst. In den ersten 48 Stunden nach einem Spiel dürfen sich die Beteiligten nur lobend über die Schiedsrichter äußern, andernfalls drohen Geldstrafen von bis zu 5000 Euro. Die Spielergewerkschaft Goal sieht bereits die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Worum geht es? Im Gegensatz zu den Unparteiischen in anderen Sportarten stehen Handball-Schiedsrichter seit Jahren unter Generalverdacht. Käuflichkeit wird ihnen vorgeworfen, und das zumindest in einigen Fällen zu Recht. Vor allem in internationalen Wettbewerben scheint Bares weiter ein gutes Schmiermittel zum Erfolg zu sein. Handballspiele sind schließlich leicht zu manipulieren. Aufgrund der Dynamik des Spiels bleiben manche Entscheidungen selbst nach der dritten Fernseh-Zeitlupe strittig. Da sind Vorwürfe schnell erhoben, in der Bundesliga gehörten sie bei einigen Trainern zum rituellen Reflex, obwohl nicht Absicht, sondern schlicht Irrtum vorlag. Der ist bekanntlich menschlich.

Die ganze Diskussion hat den Handball in Verruf gebracht und erste Kratzer am Image hinterlassen. Sponsoren sind auf diesem Gebiet sehr hellhörig. Insofern hat die HBL recht, dass sie an dieser Front Ruhe haben möchte. Was sie am Ende sanktionieren will, und das ist die große Schwäche dieses Erlasses, bleibt unklar. HSV-Präsident Martin Schwalb durfte nach dem Supercup jedenfalls ungestraft sagen, dass die Schiedsrichter in der Schlussphase einige Entscheidungen auch in die andere Richtung hätten treffen können.