Ein Kommentar von Achim Leoni

Der THW Kiel hat sich in den vergangenen Jahren den Völker verbindenden Beinamen "Bayern des Handballs" erworben. Er wird dieser Mannschaft insoweit gerecht, als sie, wie die Münchner Fußballer, in ihrer Branche mit Abstand die meisten Fans, aber auch die meisten Feinde hinter sich vereint. Was die Marktführerschaft angeht, hat der Handball- den Fußball-Rekordmeister zuletzt weit hinter sich gelassen. Sechsmal hintereinander wurde der THW deutscher Meister, viermal hintereinander stand er im Finale der Champions League, zweimal gewann er es.

Zumindest den nationalen Titel aber werden die Kieler am Ende dieser Saison an den HSV Hamburg verlieren, und wie immer, wenn eine Erfolgsserie zu Ende geht, ist ein zweistimmiges Stöhnen vernehmbar: das leisere der Enttäuschten und das lautere der Erleichterten. Für den Handball ist der Thronsturz wohl eine gute Nachricht. Er drohte berechenbar zu werden. Und das war nicht eben hilfreich beim Versuch, den Manipulationsverdacht abzuschütteln, der seit zwei Jahren auf der Sportart lastet.

Die hässliche Kehrseite der Dominanz im Sport ist die Langeweile. Dass es so weit kommt, haben die Hamburger mit tatkräftiger Unterstützung mehrerer anderer Vereine verhindert. Insofern ist die absehbare Meisterschaft des HSV auch ein Sieg für die Bundesliga insgesamt. Sie braucht einen starken THW als Qualitätsmarke ebenso, wie die Kieler eine starke Bundesliga brauchen. In dieser Hinsicht kann der Fußball durchaus ein Vorbild sein.