Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Die Handballer des HSV haben sich den Weg zu ihrer ersten deutschen Meisterschaft im Kopf freigeworfen. Das könnte die wichtigste Erkenntnis des überzeugenden Erfolges beim Tabellendritten Füchse Berlin werden, dem erklärten ersten "Endspiel" zum Titel. Der Auftritt in der Max-Schmeling-Halle darf dann auch als Sieg über die eigenen Zweifel gewertet werden, als Zeichen von Stärke und Selbstsicherheit. Und das wiegt in der entscheidenden Phase des Titelkampfes schwerer als alle Treffer, die die Hamburger in Berlin erzielten - war doch die Gretchenfrage gestellt, wie die HSV-Weltauswahl in dieser Saison mit einer monatelangen Tabellenführung umgehen werde.

Die Antwort scheint anders auszufallen als in der vergangenen Spielzeit: Vor einem Jahr mangelte es den Hamburgern im finalen Duell mit dem THW an innerer Überzeugung, jetzt setzt die komfortable Ausgangsposition offenbar physische und psychische Kräfte frei. Natürlich haben die Berliner bei Weitem nicht das Niveau der Kieler, die Füchse waren jedoch vor drei Monaten immerhin in der Lage, den HSV aus dem deutschen Pokalwettbewerb zu werfen. Nicht der sportlichen Leistungsfähigkeit, vielmehr der mentalen Stabilität wächst in den letzten Saisonspielen zentrale Bedeutung zu. Die HSV-Profis sind dabei dem zusätzlichen Druck ausgesetzt, das erste Mal etwas schaffen zu wollen, was dem Konkurrenten 16-mal gelang. Sie reagieren in diesen Wochen aber mit jener Gelassenheit darauf, die Meister macht. Das ist der Unterschied zu 2010.