Ein Kommentar von Achim Leoni

All denen, die hinter der Ansetzung des HSV-Handballspiels gegen Göppingen am ersten Weihnachtstag einen Verfall der Sitten wittern, sei an dieser Stelle empfohlen, auf Seite 21 und 22 zurückzublättern. Sie werden beim Blick auf den Theater- und Konzertplan feststellen, dass der Unterhaltungsbetrieb dieser Stadt den bedeutendsten abendländischen Feiertag im Grunde nicht kennt. Weihnachten ist Showbusiness as usual.

Der Profisport aber ist längst Teil dieses Unterhaltungsbetriebs geworden. Wer davon lebt, muss auch damit leben zu arbeiten, wenn die anderen ihre Freizeit genießen. Deshalb ist auch der Widerstand der Handballer gegen einen Spieltag Anfang Januar befremdlich. So verständlich der Wunsch nach einem Neujahrsurlaub, nach mehr Zeit für die Familie auch ist: Für die Vereine ist die ereignisarme Zeit rund um die Feiertage die einträglichste. Und sie sind es schließlich, die den Spielern Gehälter auf Chefetagen-Niveau bezahlen.

Die Profis tun allerdings gut daran, sich ihre Arbeitszeit nicht länger willkürlich von ihren Arbeitgebern diktieren zu lassen. Sind sie es doch, die die Rechnung der Kommerzialisierung, der immer dichter gedrängten Wettbewerbe am Ende zu tragen haben. Insbesondere die Nationalspieler müssen seit Jahren erleben, wie der mörderische Terminkalender ihr wertvollstes Kapital aufzehrt: ihren Körper. Diesen Raubbau zu stoppen sollte das erste Ziel der kürzlich gegründeten Interessenvertretung "Goal" sein. Ist dieser Kampf erfolgreich, bleibt auch mehr Zeit für die Familie.