Hamburgs Handballer behaupten durch den Sieg in Gummersbach die Tabellenführung und setzen sich von Hauptkonkurrent THW Kiel ab.

Gummersbach. Am Ende wollten die HSV-Handballer nur noch schnell weg aus Gummersbach. Der angesagte Schneefall drohte die 400 Kilometer lange Rückfahrt nach Hamburg zum Abenteuer zu machen. Und der Mannschaft stand nicht der Sinn nach noch mehr Nervenkitzel nach einem 33:29 (14:15) , für dessen Genre es in der Sportsprache eine treffende Bezeichnung gibt: Arbeitssieg. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Hamburger noch nicht ahnen, dass es sogar ein doppelter war. Denn dank der späteren 26:29-Niederlage des THW Kiel bei den Rhein-Neckar Löwen haben sie nun stolze vier Punkte Vorsprung auf den Titelverteidiger. Und sie scheinen derzeit zumindest in der Bundesliga immun zu sein gegen Ausrutscher. Solche hatte es in der Vergangenheit gerade gegen die Gummersbacher gegeben: 2009 verbaute der VfL dem HSV in eigener Halle den Pokalsieg, 2010 die Meisterschaft.

Diesmal aber konnte der Altmeister den vielleicht neuen nicht vom Kurs abbringen. "Wir waren gut vorbereitet auf die Taktik der Gummersbacher und wussten auf alles eine Antwort", resümierte HSV-Sportchef Christian Fitzek zufrieden. Wie schon in den Spielen zuvor so fand der Klassenprimus aber auch in dieses nur schwer. Mehr als fünf Minuten verstrichen, ehe Hans Lindberg das erste Tor zum 1:3 gelang. Als Bundestrainer Heiner Brand wenig später seinen Platz in der heimatlichen Eugen-Haas-Halle einnahm, führte der VfL sogar mit 6:2 (8. Minute). Die Gummersbacher Abwehr zeigte sich beherzter, als es die defensive Sechs-null-Aufstellung hätte vermuten lassen, und stiftete den Hamburger Angriff zu so mancher Fehlentscheidung an.

Trainer Martin Schwalb reagierte, indem er Guillaume Gille anstelle von Michael Kraus die Regie übertrug. Mit ruhiger Hand brachte der Kapitän Ordnung ins HSV-Angriffsspiel. Weil sich zudem auch die offensiv ausgerichtete Hamburger Deckung fand, legten die Gäste mit einer Serie schneller Tore eine 8:7-Führung vor (15. Minute).

Doch der 6:1-Zwischenspurt schien nach einer Erholungspause zu verlangen. Jedenfalls konnte der HSV das Tempo nicht halten, und es entwickelte sich die spannende Partie, die die Gummersbacher Fans erhofft und die Hamburger befürchtet hatten. Nachdem Christoph Schindler kurz vor dem Pausenpfiff zum 15:14 getroffen hatte, ging der HSV zum dritten Mal hintereinander in einem Bundesligaspiel mit einem Rückstand in die Kabine. Und spätestens als es 20 Minuten vor dem Ende 20:20 stand, war klar, dass der Bundesliga-Tabellenführer keine Kräfte für das Spiel gegen den Champions-League-Tabellenführer Veszprém am Sonnabend in der Sporthalle Hamburg (17 Uhr/Eurosport) würde sparen können.

Die Kraftreserven sitzen beim HSV auf der Bank und tragen so prominente Namen wie Gille, Pascal Hens oder Per Sandström. Den schwedischen Torhüter wechselte Schwalb in der 47. Minute für Nationaltorwart Johannes Bitter (30 Prozent gehaltene Würfe) ein. Von den verbleibenden 14 Gummersbacher Würfen konnte Sandström sechs abwehren (43 Prozent) und so seinen Teil zum 13. Bundesligasieg hintereinander beitragen. Gut nur, dass VfL-Torwart Goran Stojanovic (17 Prozent) weit von einer Parade-Form entfernt war.

Und so half es dem Altmeister auch nicht, dass Trainer Sead Hasanefendic den HSV in den letzten Minuten in Manndeckung nehmen ließ. Lindberg dachte nicht daran, sich an die kurze Leine nehmen zu lassen. Der Rechtsaußen warf allein in der Schlussphase drei seiner neun Tore. Seine schöpferische Pause ist offenbar beendet. Auch das ist eine frohe Kunde, die der HSV mit nach Hause bringen konnte. Die beste aber kam aus Mannheim, wo der THW Kiel ohne seinen Schlüsselspieler Filip Jicha (Hexenschuss) unterging. Die Meisterschaft ist nun mehr als nur ein frommer Weihnachtswunsch.

Tore, Gummersbach: Pfahl 9 (1 Siebenmeter), Zrnic 8 (2), Vukovic 4, Schindler 3, Wiencek 3, Wagner 1, Lützelberger 1; Hamburg: Lindberg 9 (2), Lackovic 6, M. Lijewski 5, Flohr 3, Jansen 3, G. Gille 2, Vori 2, Hens 2, B. Gille 1. Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zuschauer: 2000. Zeitstrafen: 4; 4.