Auf sich allein gestellt, spielt Marcin Lijewski bei den HSV-Handballern groß auf. Seine Zukunft lässt der Linkshänder offen.

Hamburg. Einen Moment lang zweifelt man schon, ob man Marcin Lijewski das glauben darf: dass er am Tag danach noch nicht erfahren haben will, dass er zum Spieler des Tages beim 31:27-Sieg der HSV-Handballer über den bisherigen Bundesliga-Tabellenführer Füchse Berlin gewählt wurde. Aber wenn man genau hinhört, kann sein erstauntes "Wirklich? Von wem?" nicht gespielt sein. Nein, Lijewski hat es nicht gewusst, und wenn nicht die Fans entschieden hätten, wäre ihm die Sache sogar unangenehm: "Ich fand mich nämlich gar nicht so gut." Richtig sauer sei er auf sich gewesen wegen zweier technischer Fehler, als ihm der Ball aus den Fingern flutschte.

Lijewskis Ärger erklärt einiges. Zum einen, warum ihm trotz seiner sieben Tore am Sonntag nicht nach Feiern zumute war. Zum anderen, warum der Pole mit seinen 33 Jahren noch immer zu den besten Halbrechten der Welt zu zählen ist. In Hamburg jedenfalls ist er wohl nie besser gewesen, auch wenn er selbst sagt, dass er es noch viel besser könnte. 5,4 Tore gelingen ihm in dieser Saison in einem durchschnittlichen Bundesligaspiel. In den beiden Vorjahren kam er nicht einmal auf vier Tore.

Es gibt für den Mehr-Wert eine naheliegende Begründung und eine spekulative. Die naheliegende ist, dass sein Bruder Krzysztof, 27, nach langer Schulterverletzungspause erst in dieser Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann und Marcin Lijewski deshalb im Angriff weitgehend durchspielen muss. Die spekulative ist, dass ihm die Rolle des Alleinunterhalters mehr liegt, als sich die Position im rechten Rückraum teilen zu müssen. Selbst wenn es mit seinem Bruder ist, mit dem ihn weit mehr verbindet als eine gemeinsame Homepage.

Marcin Lijewski ist bereit, sich das einzugestehen: "So leid es mir für ihn tut, aber sein Pech ist mein Glück." Womöglich hat er sich das nur nicht so bewusst gemacht, als er vor zwei Jahren von Flensburg nach Hamburg wechselte: dass ihm die Verantwortung nie Last, sondern Lust gewesen ist. Während seiner gesamten Karriere sei er ja eigentlich konkurrenzlos gewesen im Verein. Aber natürlich habe er auch nicht damit rechnen können, dass sein Bruder so schnell so gut werden würde, "besser, als ich in seinem Alter war".

Nächsten Sommer werden sich die Wege der beiden Linkshänder trennen. Krzysztof hat einen Vertrag bei den Rhein-Neckar-Löwen unterschrieben . Marcin Lijewski sagt, dass er nicht weiß, wo er spielen wird. Er könnte noch ein weiteres Jahr in Hamburg bleiben, eine entsprechende Option hat er sich in seinem Vertrag festschreiben lassen. "Aber ich überlege mehr und mehr, nach Hause zu gehen." Seine beiden Kinder leben in Danzig, wo seine Frau ein Familienunternehmen führt.

Ein Wechsel in die polnische Liga würde ihn ihr kaum näherbringen: Der einzige ambitionierte Klub Kielce liege sechs Autostunden von Danzig entfernt, Hamburg nur eine Flugstunde. Lijewski will sich die Entscheidung so lange wie möglich offen lassen. Er sagt: "Im Moment weiß ich gar nichts." Sogar das glaubt man ihm.

Bundestrainer Heiner Brand nominierte Torwart Johannes Bitter , Pascal Hens, Michael Kraus und Matthias Flohr für die EM-Qualifikation gegen Österreich (27.10.) und in Lettland (31.10.).