Der deutsche Handballmeister besiegt den TBV Lemgo nach Halbzeitrückstand noch mit 31:30. Kreisläufer Bertrand Gille wird Mittwoch operiert.

Hamburg. Wie immer erhoben sich die Zuschauer in der O2 World kurz vor Spielende von ihren Sitzen, diesmal schon drei Minuten vor Schluss, früher als üblich, und es war in diesem Moment auch weit mehr als das gewöhnliche Ritual, es war die Verbeugung vor einer kämpferisch erneut beeindruckenden Leistung ihrer Mannschaft. 31:30 (14:17) besiegten die HSV-Handballer den TBV Lemgo. Sie gewannen damit auch ihr 15. Heimspiel in dieser Saison. Alle 17 erfolgreich zu bestreiten, war den Hamburgern in zehn Jahren Bundesliga bislang nicht gelungen. Die letzten Gegner in der heimischen Arena sind der THW Kiel (13. Mai) und der VfL Gummersbach (16. Mai). "In dieser Saison ist bei uns einiges schief gelaufen, aber wenigstens zu Hause bleiben wir eine Macht. Zumindest das sind wir unseren Fans schuldig. Sie haben uns fantastisch geholfen", meinte Rückraumschütze Blazenko Lackovic.

HSV-Trainer Martin Schwalb ("Das war eine unglaubliche Energieleistung") gab der Mannschaft nach dem Spiel bis Sonntag frei. Dann fährt das Team für fünf Tage in den österreichischen Nobelskiort Ischgl, um sich auf die Pokalendrunde am 5./6. Mai in der O2 World mit dem Halbfinale gegen Kiel vorzubereiten. Das Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Berlin hat diesen Intensivkurs terminlich möglich gemacht. Schwalb: "Wir haben weiter zwei Saisonziele: Wir wollen den Pokal holen und uns direkt für die Champions League qualifizieren. Dafür werden wir alles tun."

+++ HSV-Handballer Michael Kraus ist auf dem Weg zu alter Stärke +++

Das Spiel begann temporeich. Tor auf Tor fiel auf beiden Seiten, die Abwehrreihen brauchten fast eine Viertelstunde, um ihre Gegenspieler in den Griff zu bekommen. Zu diesem Zeitpunkt führte der HSV 8:6, doch die ersten Nachlässigkeiten hatten sich bereits eingeschlichen: technische Fehler, Fehlpässe, Ballverluste im Dribbling. Und dann kam auch noch Pech dazu. Hans Lindberg und Blazenko Lackovic trafen die Latte des Tores, Lemgos Nationaltorhüter Carsten Lichtlein wies darüber hinaus bei freien Würfen von Guillaume Gille und Lindberg seine Klasse nach. Zwar bekam jetzt sein Hamburger Kollege Dan Beutler ebenfalls mehr und mehr seine Hände und Füße an die Bälle, und Marcin Lijewski traf im Angriff nach einigen Fehlversuchen plötzlich mit schöner Regelmäßigkeit, Lemgo zog dennoch bis zum Seitenwechsel auf 17:14 davon. "Wir waren in der Deckung oft nicht aggressiv genug", klagte Lindberg.

Die Aufholjagd in der zweiten Hälfte leitete Linkshänder Lijewski mit seinen Treffern zum 15:17 und 17:19 ein. Zuvor waren Lindberg mit einem Siebenmeter und Lackovic frei vom Kreis an Lichtlein gescheitert, Lemgos Torhüter parierte danach noch einen Strafwurf von Michael Kraus. HSV-Gesellschafter Andreas Rudolph blickte von seinem Platz auf der Auswechselbank immer skeptischer drein, nur die Fans verloren ihren Mut nicht. Sie gaben der Mannschaft das, was sie in dieser Phase am nötigsten brauchte: Unterstützung, und zwar lautstarke. Die half. In der 48. Minute gelang Lijewski in Unterzahl das 23:23, vier Minuten später warf Lackovic den HSV zum 25:24 erstmals wieder in Führung, was den Lärmpegel in der Halle noch einmal deutlich erhöhte. Und als Domagoj Duvnjak in der 58. Minute zum 30:28 traf, begannen die Zuschauer den deutschen Meister zu feiern. "Die Stimmung war einmalig", meinte Lackovic.

+++ Gille wird nicht mehr für den HSV-Handball auflaufen +++

Bertrand Gille, der Kreisläufer des HSV, hatte das Spiel nur an seinem Laptop im Internet verfolgen können. Gleich nach dem Schlusspfiff schickte er eine Glückwunsch-SMS an seinen Bruder Guillaume. Der 34-Jährige wird heute in der Clinique Générale im französischen Annecy vom Schulterspezialisten Laurent Lafosse an der Rotatorenmanschette seines rechten Wurfarms operiert. Für ihn ist die Saison beendet. Bertrand Gille hatte sich die Verletzung, einen Sehnenanriss, vor acht Tagen beim Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen (28:24) zugezogen.

Tore, HSV: M. Lijewski 10, Lindberg 7 (4 Siebenmeter), Lackovic 3, Duvnjak 3, Jansen 3, Kraus 2, Vori 2, Hens 1; Lemgo: Preiß 7, Hermann 6, Strobel 5, Patrall 4, Liniger 4 (4), Bechtloff 2, Kehrmann 1, Smoler 1. Schiedsrichter: Geipel/Helbig (Steuden/Landsberg). Zuschauer: 9367. Zeitstrafen: 4; 2.