Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Spätestens wenn sich der Hohn der gegnerischen Fans mit dem Mitleid der Kollegen mischt, sind die Grundfesten eines Systems erschüttert. Und deshalb geht es beim momentanen Absturz der HSV-Handballer vom einst einzigen ernst zu nehmenden Herausforderer des deutschen Rekordmeisters THW Kiel zu einer beliebigen Größe der Bundesliga weniger um die fallende Formkurve einer zu alten, verletzungsanfälligen Mannschaft, sondern vielmehr um die Zukunft einer Spielklasse, die sich auf Dauer die Alleinherrschaft eines Teams wirtschaftlich nicht leisten kann. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sie ist hier von existenzieller Bedeutung. Die Fußball-Bundesliga zeigt es. Sie zieht ihre Faszination auch aus der Tatsache, dass die Ergebnisse nicht schon vorher feststehen.

Wenn Vereinshandball in Deutschland eine Zukunft haben soll, muss es mehr geben als den einen Dominator. Der HSV hat diese Rolle in den vergangenen fünf Jahren vorzüglich gespielt und ist dafür in der letzten Saison mit dem Meistertitel belohnt worden. Andere können es offenbar nicht: Flensburg und den Füchsen Berlin fehlen die erforderlichen finanziellen Mittel, die jetzt auch den Rhein-Neckar Löwen ausgegangen sind.

Der HSV hat sie - noch - dank seines Gesellschafters Andreas Rudolph, starker Sponsoren und eines großen Zuschauerzuspruchs. Als Rudolph Ende 2004 einstieg, legte er einen Fünfjahresplan vor. Der wäre wieder vonnöten. Der HSV ist zurück auf Anfang. Nicht ganz. Die Startposition ist unvergleichlich besser als vor sieben Jahren. Ein Comeback der Hamburger würde die seriösen Kräfte der Bundesliga freuen. Die braucht mittelfristig wieder einen starken HSV.