HSV-Handballer verlieren beim SC Magdeburg 23:27 und lassen bei der sechsten Auswärtsniederlage jeden Ansatz der Besserung vermissen

Magdeburg. Am Sonntag konnten die HSV-Handballer die Zeit noch einmal für einen Moment anhalten. In Calbe an der Saale wurden die Hamburger als deutscher Meister empfangen und gefeiert, und das Freundschaftsspiel gegen den fünftklassigen Klub, den Tabellenführer der Sachsen-Anhalt-Liga, gewann der Champion dann auch mit dem nötigen Wurfspaß 41:30. Es war ein schöner Nachmittag und ein seltener Moment der Entspannung in diesen stressigen Wochen.

Die Realität sieht für Hamburgs Mannschaft des Jahres 2011 allerdings etwas anders aus, und sie war 23 Stunden zuvor im benachbarten Magdeburg zu besichtigen. 23:27 (8:15) verlor der HSV in der Getec-Arena nun schon sein sechstes Auswärtsspiel in dieser Saison und muss sich weiter ernste Sorgen um seine Champions-League-Teilnahme in der nächsten Spielzeit machen. Der Absturz des Titelverteidigers, der seit 2006 nicht mehr so schlecht in der Endphase der Bundesliga platziert war, geht ungebremst weiter, und niemand scheint ihn aufhalten zu können. "Im Moment spielen wir nicht so, wie wir es könnten. Wir werden unserem Anspruch nicht gerecht", klagt Martin Schwalb. Auch der zurückgekehrte Meistertrainer hat der ältesten Mannschaft der Liga bislang kein neues Leben einhauchen können, vielmehr droht sich der Eindruck zu verfestigen, dass dieses Team untrainierbar geworden ist. Jedenfalls scheiterten vor Schwalb schon der im Dezember beurlaubte Schwede Per Carlén und zuletzt Assistenztrainer Jens Häusler bei dem Versuch, das Niveau und die Konstanz des Vorjahres wiederherzustellen.

Selbst die regelmäßige Anwesenheit von Hauptgesellschafter Andreas Rudolph, er saß in Magdeburg erneut auf der Bank, hinterlässt offenbar keine Wirkung mehr. Der Wille ist der Mannschaft nicht abzusprechen, die spielerischen Defizite sind jedoch erschreckend. Das Spieltempo fehlt wie Zweikampfstärke, Fitness und Selbstvertrauen - mögliche Folge der Kette unzähliger Verletzungen und zu hohen Trainings- (unter Carlén) und Spielbelastungen. Fakt ist: Nach 26 Spieltagen haben die Hamburger öfter verloren (sechsmal) als in den vergangenen beiden Serien zusammen (fünfmal). Und sie ernten bereits erstes Mitleid. "Es ist erschreckend zu sehen und für mich eine riesige Enttäuschung, was innerhalb von neun Monaten aus dieser großartigen Mannschaften geworden ist", sagt der ehemalige HSV-Trainer Bob Hanning, heute Geschäftsführer des Tabellenzweiten Füchse Berlin.

Die konsternierten HSV-Profis, das ehrt sie, beschönigen nichts. "Wenn man so viele Fehler macht und in der Abwehr nicht gut steht, ist das zu wenig", sagt Linksaußen Torsten Jansen. "Dann kommen vier Gegenstöße und zwei Abpraller dazu, die wir nicht bekommen. Das allein sind schon sechs einfache Tore. Nur acht Tore in einer Halbzeit zu werfen ist viel zu wenig." Torhüter Dan Beutler bewertet die erst in der zweiten Hälfte halbwegs akzeptable Vorstellung gar als "Schande", und Spielmacher Michael Kraus ergänzt: "Wir spielen um die Champions League und dürfen uns nicht so präsentieren wie in Magdeburg. Viel schlechter geht es wirklich nicht. Wir befinden uns momentan in einer Art Abwärtsstrudel und müssen sehen, dass wir schleunigst wieder zu unseren Stärken finden."

Wie das gehen soll, ist unklar. Vor dem richtungweisenden Heimspiel am 10. April gegen den Tabellennachbarn Rhein-Neckar Löwen steht für die Kroaten Blazenko Lackovic, Igor Vori und Domagoj Duvnjak sowie den Polen Marcin Lijewski von Karfreitag bis Ostersonntag die Olympiaqualifikation an. In welchem körperlichen Zustand das Quartett einen Tag vor dem Bundesligaspiel nach Hamburg zurückkehren wird, lässt sich erahnen. Da darf man es als glückliche Fügung bezeichnen, dass Bundestrainer Martin Heuberger für seine Testländerspiele heute in Danzig gegen Polen und am 6. und 7. April gegen Europameister Dänemark (mit Hans Lindberg) keinen Hamburger nominiert hat. Es gab Zeiten, da spielten fünf HSV-Profis für Deutschland.

Was die Fans der gegnerischen Mannschaften derzeit von den Hamburgern halten, bekamen sie zuletzt sowohl in Flensburg als auch am Sonnabend in Magdeburg zu hören: "Und ihr wollt deutscher Meister sein", schallt es derzeit von den Rängen. Wenigstens in Calbe wurde dem HSV gestern der einstige Respekt entgegengebracht.

Tore, Magdeburg: Rojewski 8, Jurecki 6, Grafenhorst 4, Doborac 3, R. Weber 2, Tönnesen 2 (2 Siebenmeter), Wiegert 1, Pajovic 1; Hamburg: Duvnjak 6, Lindberg 4 (2), Lackovic 3, G. Gille 3, Schröder 2, Jansen 2, Vugrinec 2, Hens 1. Zuschauer: 6218. Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zeitstrafen: 2; 2. Torhüterparaden, Magdeburg: Eijlers 9 (2), Gustavsson 7 (1); Hamburg: Beutler 12, Djordjic (50.-54.) 1.