Ein Kommentar von Achim Leoni

Einen Hexenkessel zuzubereiten ist heutzutage keine Zauberei mehr. Man nehme einen Sponsor, überzeuge ihn davon, ein paar Tausend Klatschpappen, wahlweise Tröten oder Ratschen in der Halle zu verteilen - fertig. Auch die HSV-Handballer haben nach diesem Rezept schon manches Heimspiel in ein ohrenbetäubendes Spektakel verwandelt. Und irgendwann bedurfte es dazu gar keiner lärmenden Einspieler mehr, weil die Leistung begeisternd genug und die Spieler Stars zum Anfassen waren.

Wenn jetzt nach Jahren des Wachstums der Zuspruch erstmals stagniert, ist daran zunächst einmal die Mannschaft schuld. Sie hat ihr Publikum mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft verwöhnt. In dieser Saison nun hat sie ihm einige schwächere Spiele zugemutet, und offenbar sind nicht alle Zuschauer bereit, sich damit abzufinden. Das ist keine ungewöhnliche, aber auch keine ungefährliche Entwicklung für einen Profiverein. Den Luxus, dürftige Vorstellungen abzuliefern und trotzdem große Arenen zu füllen, kann sich nur der Fußball erlauben. Alle anderen Sportarten sind stark erfolgsabhängig.

Noch muss der HSV Hamburg nicht künstlich nachhelfen, um für Stimmung zu sorgen. 6500 Stammkunden bedeuten eine solide Planungsgrundlage auf Jahre hinaus. Wahrscheinlich aber muss der deutsche Meister am Ende der Saison auch den Titel des Zuschauerkrösus wieder an den THW Kiel abgeben. Nur oben mitzuspielen ist in einer Stadt, die so viele andere Attraktionen zu bieten hat, offenkundig nicht genug.