Den Mehrheitseigner zieht es wieder in den Hintergrund. Die Pokal-Niederlage gegen Kiel war offenbar sein letztes Spiel auf der Bank.

Hamburg. Die letzte Titelchance sah Andreas Rudolph scheinbar teilnahmslos schwinden. Während fast alle HSV-Handballer aufsprangen und die letzten Sekunden des verlorenen Pokalhalbfinales gegen den THW Kiel im Stehen verfolgten, blieb der Mehrheitsgesellschafter sitzen, den Arm lässig über die Rückenlehne gelegt. Möglicherweise hatte Rudolph, 57, zu diesem Zeitpunkt bereits entschieden, dass es sein letztes Gastspiel auf der Bank bleiben würde. Später am vergangenen Sonnabend jedenfalls kündigte er den Rückzug gegenüber Vertrauten an.

Immer wieder hatte sich Rudolph in den vergangenen Wochen auf dem Spielberichtsbogen als Offizieller des scheidenden deutschen Meisters vermerken lassen. Zu diesem Schritt hatte er sich Mitte März nach der Niederlage in Flensburg gemeinsam mit Martin Schwalb, seinem Nachfolger als Präsident und Geschäftsführer, entschlossen. Eine Geste der Unterstützung in sportlich schwierigen Zeiten, wie es seinerzeit hieß. Nicht zuletzt wollte der HSV-Mäzen, der jährlich mehrere Millionen Euro in den Klub investiert, Schwalb die Rückkehr ins Traineramt ein wenig erleichtern.

"Wir müssen zusammenrücken, deshalb finde ich es wichtig, dass Andreas Rudolph dabei ist", sagte Schwalb. Sogar einige wertvolle Ratschläge will er von dem einstigen Bundesliga-Handballer Rudolph bekommen haben. Zuletzt jedoch hielt der sich auffallend zurück. Nun sieht Rudolph offenbar die Zeit für eine neue Geste gekommen. Eine mögliche Interpretation seines Rückzugs: Die Mannschaft soll sich im Kampf um die Champions-League-Plätze selbst aus dem Sumpf ziehen.

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Rudolphs Bank-Bilanz fällt ernüchternd aus. Fünf Niederlagen musste er als Offizieller miterleben, nur dreimal konnte er mitjubeln. Bei den Siegen gegen Hannover und in Balingen war Rudolph nicht mit von der Partie: das eine Mal, weil er anderntags in Ischgl Geburtstag feierte, das zweite Mal, weil er beruflichen Pflichten nachging.

Besonders das Champions-League-Aus gegen die Füchse Berlin muss dem schwerreichen Medizinunternehmer zugesetzt haben. Füchse-Manager Bob Hanning, der einst im Zwist mit Rudolph den HSV als Trainer hatte verlassen müssen, stichelte hernach, er gedenke nicht, seinen Hauptsponsor künftig auf die Bank zu setzen.

Nach der Niederlage in Melsungen am vergangenen Mittwoch hatte Rudolph sein Engagement bereits lautstark infrage gestellt. Gegen Kiel saß er dann doch wieder auf der Bank. Nicht auszuschließen, dass er bis zur Punktspiel-Revanche gegen den neuen deutschen Meister am Sonntag (13.10 Uhr/Sport1) erneut umdenkt.