HSV-Handball-Star Domagoj Duvnjak trifft im Halbfinale um den DHB-Pokal auf Aron Palmarsson aus Kiel. Kretzschmar lobt beide in höchsten Tönen.

Hamburg. Sie kämpfen für denselben Traum, verfolgen dasselbe große Ziel. Domagoj Duvnjak, 23, vom HSV Hamburg, und der Kieler Aron Palmarsson, 21, wollen in den kommenden Jahren den Welthandball prägen. Ihr Weg führt über Triumphe und Titel wie den DHB-Pokal, um den die wohl talentiertesten Spielmacher ihrer Generation an diesem Sonnabend gemeinsam mit ihren Teamkameraden beim Lufthansa Final Four in der Hamburger O2 World (15 Uhr, Sport1) konkurrieren.

Abgesehen von Nikola Karabatic, Frankreichs Welthandballer 2007, gebe es niemanden, der wie Duvnjak und Palmarsson bereits in so jungen Jahren Handball auf einem derart hohenNiveau gespielt habe, sagt Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar . "Auch deshalb würde ich die beiden als die größten Talente im Welthandball bezeichnen", so der TV-Experte.

Seit 2009 spielen Duvnjak und Palmarsson in der Bundesliga bei zwei absoluten Spitzenklubs. Beide bekleiden die Spielmacherposition, geben ihren älteren, weit erfahreneren Kollegen Anweisungen auf dem Parkett. Angst habe er nie davor gehabt - nur aufgeregt sei er anfangs gewesen, erinnert sich Palmarsson. Davon ist heute allerdings nichts mehr zu spüren.

Der 21-Jährige strahlt eine beeindruckende Ruhe aus, wenn er Spielzüge ansagt und seine Mitspieler in Szene setzt. Diese Lässigkeit wird ihm manchmal als Arroganz ausgelegt. "Aber arrogant ist Aron sicherlich nicht - nur sehr, sehr selbstbewusst", sagt Kretzschmar. In seiner Heimat Island habe Palmarsson als Jugendlicher alles dominiert. "Insofern ist das Selbstvertrauen nur verständlich", so der 39-Jährige.

Die Kieler haben den Sohn einer isländischen Handball-Nationalspielerin und eines Basketball-Stars jedenfalls schnell in ihr Herz geschlossen - auch weil man Palmarsson in seinem Ehrgeiz eher bremsen als antreiben muss. Wenngleich die Einsatzzeiten des Youngsters in dieser Saison weniger umfangreich sind als in der vergangenen Spielzeit, in der der THW viele Verletzte zu beklagen hatte, ist der meist spitzbübisch lächelnde Rückraumspieler zufrieden mit seiner Situation. "Die Einteilung der Spielzeiten ist hervorragend", sagt Palmarsson, "keiner von uns Kielern ist müde, obwohl wir alle vier Tage ein Spiel bestreiten müssen."

+++ Kommentar: Das letzte Hurra +++

Trainer Alfred Gislason hat entschieden, den jungen Mann langsam und kontinuierlich aufzubauen, ihn behutsam zu dem zu machen, was man im Handball einen "kompletten Spieler" nennt. Für die Entwicklung seines Schützlings findet der knorrige Isländer nur lobende Worte, auch wenn Palmarsson "im Urlaub noch professioneller sein und deutlich an Schnelligkeit zulegen könnte". Vor allem im athletischen Bereich sieht man bei Palmarsson allerdings Unterschiede zu seinem Hamburger Konkurrenten Domagoj Duvnjak. Der Nationalspieler und legitime Erbe des meist genialen, aber stets etwas divenhaften kroatischen Star-Handballers Ivano Balic könnte noch an Muskelmasse zulegen, etwas drahtiger werden, wenn er beim Krafttraining ein paar Extraschichten einlegen würde. Das sieht auch HSV-Trainer Martin Schwalb so. "Aber bei unserem Verletztenpech und dem Pensum, das Domagoj absolviert, sind Extraschichten einfach nicht drin", gesteht der 49-Jährige.

50, manchmal sogar 60 Minuten bestreitet Kroatiens Handballer des Jahres 2011 diese Saison in nahezu jeder Partie, weil seine Teamkollegen Michael Kraus und Guillaume Gille auf der Spielmacherposition ausgefallen sind und spielerisch nicht überzeugten. Belastungen, die auch an Hamburgs Ausnahmetalent nicht spurlos vorübergehen. "Der Junge braucht auf jeden Fall Urlaub und jemanden, der ihn entlastet", sagt Stefan Kretzschmar. Man könne bereits sehen, dass Duvnjak kaputt sei und nicht mehr auf dem Niveau wie im vergangenen Jahr spiele. "Wir müssen aufpassen, dass wir ihn nicht überfordern", gesteht Martin Schwalb. An Duvnjak schätzt er vor allem seineprofessionelle Einstellung, seine Spielintelligenz und die hohe Lernbereitschaft. Er sei ein ruhiger Typ, der phasenweise bereits als Leitwolf der Hamburger auftrete. "Noch kann er diese Rolle nicht immer ausfüllen, aber das ist in seinem Alter normal", sagt Schwalb anerkennend.

Wer nun das größere Talent sei - darauf wollen sich die Experten nicht festlegen. Auch Stefan Kretzschmar nicht. "Das zu entscheiden wäre Gotteslästerung", sagt er knapp. Vielleicht gibt zumindest das Final-Four-Halbfinale an diesem Sonnabend ein wenig Aufschluss darüber, wer im Duell der Handball-Supertalente momentan die Nase vorn hat.