Erstmals seit seiner Beurlaubung als Sportchef spricht Rachid Azzouzi über den FC St. Pauli und seinen früheren Club Greuther Fürth. Das Duell wird er mit ganz besonderen Gefühlen verfolgen.

Hamburg. Es ist ein Zweitligaspiel, das Rachid Azzouzi mit ganz besonderen Gefühlen verfolgen wird. Schließlich treffen in der Partie zwischen dem FC St. Pauli und der SpVgg Greuther am Montagabend (20.15 Uhr Sky und Sport1 live) im Millerntor-Stadion seine beiden letzten Arbeitgeber aufeinander. 15 Jahre lang war der heute 44 Jahre alte Azzouzi als Spieler, Nachwuchstrainer, Assistent der Geschäftsführung und schließlich als Sportchef bei den Fürthern tätig, ehe er zur Saison 2012/2013 Sportchef beim FC St. Pauli wurde. Hier beurlaubte ihn das einen Monat zuvor gewählte neue Präsidium am 16. Dezember.

Knapp zwei Monate später spricht Rachid Azzouzi, dessen Vertrag beim FC St. Pauli noch nicht aufgelöst worden ist, im Abendblatt erstmals wieder öffentlich. Auch wenn er nicht mehr für einen der beiden Clubs aktiv tätig ist, hat er die Entwicklung in den vergangenen Wochen verfolgt und weiß um die Brisanz des Duells zwischen dem Zweitliga-Schlusslicht FC St. Pauli und dem nach gutem Start auf den 13. Platz zurückgefallenen Fürther Team.

„Es ist für beide Mannschaften ein schwieriges Spiel, weil sie gegen den Abstieg spielen. Dies gilt im Moment auch für Fürth. Mit 23 Punkten hat das Team zwar sechs Zähler mehr als St. Pauli, muss aber aufpassen, weil auch die letzten Wochen nicht so erfolgreich liefen“, sagt Azzouzi. Damit spielt der frühere marrokanische WM- und Olympiateilnehmer darauf an, dass die Franken ihren bisher letzten Sieg Ende Oktober gegen Union Berlin feiern konnten.

„Ich glaube, dass die Position des FC St. Pauli in diesem Moment sogar besser als die Fürther ist. St. Paulis Mannschaft ist schon länger in dieser Situation, die Spieler wissen, dass sie gegen den Abstieg spielen, und die Tendenz geht seit dem Trainerwechsel im Dezember in die richtige Richtung“, sagt er und meint damit konkret, dass die Mannschaft unter Ewald Lienen weniger gegnerische Tore zulässt und in den jüngsten drei Spielen vier Punkte geholt hat. „Mit dieser neuen Stabilität, der Rückkehr von zuvor verletzten Stammspielern und der Verpflichtung insbesondere von Julian Koch ist die Mannschaft auf einem aufsteigenden Ast und wird mit Selbstvertrauen in die Partie gehen“, sagt Azzouzi weiter.

Azzouzi sieht positive Entwicklung beim FC St. Pauli


Das 0:0 am vergangenen Sonnabend beim SV Sandhausen wertet Azzouzi auch als Beleg für seine recht positive Einschätzung, auch wenn der FC St. Pauli an jenem Spieltag wieder auf den letzten Tabellenplatz der Zweiten Liga zurückgefallen ist. „Ich habe das Spiel in Sandhausen zwar nicht live gesehen, aber habe dennoch mitbekommen, dass die ersten 20 bis 25 Minuten sehr gut waren, es die Möglichkeit gab, in Führung zu gehen – und die Mannschaft insgesamt sehr wenig zugelassen hat. Wie es die Verantwortlichen auch gesagt haben, ist dies die Basis für den Erfolg“, sagt er. Seine optimistische Schlussfolgerung lautet deshalb: „Es ist nur eine Frage der Zeit, dass die Mannschaft auch die Tore schießt und die Punkte holt. Ich bin davon überzeugt, dass die kommen werden.“

Ebenso wie mit dem FC St. Pauli beschäftigt sich Rachid Azzouzi aus beruflichem Interesse aber auch aus alter Verbundenheit mit dem Gegner vom Montag, der SpVgg Greuther Fürth. „Für mich ist es nicht so überraschend, dass Fürth nach der sehr guten letzten Saison jetzt schwächer spielt. Innerhalb von zwei Jahren sind dort rund 30 Spieler ausgewechselt worden. Für Trainer Frank Kramer, von dem ich sehr viel halte und den ich fachlich sehr schätze, ist es schwer, Spieler wie Stieber, Brosinski, Mavraj, Baba und den durch den Autounfall verletzten Azemi gleichwertig zu ersetzen“, sagt er.

Deshalb nimmt Azzouzi den Fürther Trainer vor den jüngst lauter werdenden Zweiflern in Schutz: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass Frank Kramer jetzt in der Kritik steht. Wenn man so einen Aderlass an guten Spielern hat, die auch Führungskräfte im Team waren, ist es nicht einfach, dies zu kompensieren. Der Trainer ist ja kein Zauberer. Man macht es sich zu einfach, ihn jetzt verantwortlich zu machen.“

Es spreche für Kramer, dass er die Fürther Philosophie, gute Spieler zu verkaufen, immer mitgetragen hat. Man müsse aber auch wissen, dass man mit dieser Personalpolitik nicht jedes Jahr um den Aufstieg mitspielen könne. „Es war im vergangenen Jahr für mich sehr überraschend und eine große Leistung von Frank Kramer, nach dem Bundesligaabstieg wieder eine Mannschaft geformt zu haben, die am Ende auf den Relegationsplatz kommt und in den Spielen gegen den HSV den Wiederaufstieg absolut verdient gehabt hätte“, bezieht Azzouzi klar Stellung.