„Das ist diskriminierend!“ Finanzexperte Tjark Woydt darf nicht wieder antreten, weil er über 70 Jahre ist. Die ungewöhnliche Altersgrenze wurde von den Mitgliedern des FC St. Pauli Anfang der 90er-Jahren in die Satzung aufgenommen.

Hamburg. Noch sind es zwar gut fünf Monate bis zur nächsten Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli, doch schon jetzt werden die ersten Entscheidungen vorbereitet. Schließlich stehen Anfang November wieder einmal Neuwahlen auf dem Programm. Genauer gesagt werden sowohl das Präsidium als auch der Aufsichtsrat für jeweils vier Jahre neu bestimmt.

„Ich führe im Augenblick Gespräche mit unserem derzeitigen Aufsichtsrat. Wenn diese abgeschlossen sind und sich der Aufsichtsrat für mich entscheiden sollte, werde ich mein Team vorstellen“, sagt Präsident Stefan Orth. „Ich selbst habe Lust und Interesse weiterzumachen und denke, dass dies auch für mein Team gilt“, sagt der 47 Jahre alte Unternehmer Orth weiter. Derzeit bildet er mit den Vize-Präsidenten Jens Duve, Bernd-Georg Spies, Gernot Stenger und Tjark Woydt das durchweg ehrenamtlich tätige Führungsquartett des Kiezclubs.

Schon jetzt steht aber fest, dass es in dieser Besetzung auf keinen Fall weitergehen wird. Grund ist Paragraf 23, Absatz 1 der Satzung des FC St. Pauli. Hier steht: „Das Höchstalter von hauptamtlichen Präsidiumsmitgliedern ist auf das 67. Lebensjahr beschränkt. Ehrenamtliche Präsidiumsmitglieder dürfen am Tag der Wahl das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.“

Der letzte Satz bedeutet das Aus für Tjark Woydt bei der kommenden Wahl. Der ausgewiesene Finanzexperte, unter dem der FC St. Pauli seit vier Jahren in Folge zum Teil siebenstellige Gewinne ausweist, wurde am 4. April 1943 geboren und ist mithin 71 Jahre alt. Bei der Deutschen Bank war er Leiter der Sparte Schiffsfinanzierung und ist jetzt noch als „Maritime Consultant“ beruflich aktiv, Mitglied im Landesvorstand des Wirtschaftsrates und nahm am Freitag in Oslo an einer Tagung der maritimen Wirtschaft teil. Doch für eine weitere Amtszeit im Präsidium des FC St. Pauli ist er allein aufgrund des bewussten Satzungsparagrafen zu alt.

„Ich halte diesen Alters-Paragrafen in unserer Satzung für diskriminierend. Ich kenne keinen anderen Verein, in dem es eine solche Regel gibt, und finde, dass dies auch überhaupt nicht zu unserem toleranten Verein passt. Bei der Versammlung werde ich dazu noch einige Worte loswerden“, sagte Woydt am Freitag dem Abendblatt.

Die ungewöhnliche Altersgrenze wurde von den Mitgliedern des FC St. Pauli Anfang in den 90er-Jahren in die Satzung aufgenommen, als Heinz Weisener den Verein als Präsident und Mäzen in einer Art Alleinherrschaft führte. Als er im Oktober 2000 abtrat, war er 72 Jahre alt. „Unser Verein ist inzwischen emanzipiert. Es kann nicht mehr passieren, dass er von so einem Patriarchen geführt wird“, sagt Woydt.

„Wir wollen eine Lösung finden, Tjark weiter an den Verein zu binden“, kündigte Präsident Stefan Orth an. „Das muss ich mir überlegen. Es hängt von einigen Faktoren ab“, sagte Woydt am Freitag dazu. Eine mögliche Satzungsänderung bedarf beim FC St. Pauli einer Dreiviertelmehrheit. Bei der Versammlung im November käme sie ohnehin zu spät, weil sie noch nicht für die Wahl am selben Tag gilt.