Das 0:1 gegen Bochum war schon die fünfte Niederlage der Saison am Millerntor und die dritte in Folge

Hamburg. Am Morgen nach der dritten Heimniederlage in Folge hatten sich der Seelenzustand und die Miene von St. Paulis Trainer Roland Vrabec schon wieder ein wenig aufgehellt. „Nach dem Spiel waren wir maßlos enttäuscht, heute sind wir zwar auch noch enttäuscht, aber weit weg davon, alles schwarz zu sehen. Es gilt jetzt, die Niederlage zu analysieren, aber dann auch schon den Fokus auf unser nächstes Spiel in Dresden zu richten“, sagte Vrabec. „Es macht keinen Sinn, sich in negativen Gedanken zu verstricken.“

In der Tat lässt sich das 0:1 gegen den zuvor abstiegsbedrohten VfL Bochum, das nach überwiegender Einschätzung das schwächste Heimspiel der St. Paulianer in der laufenden Saison war, relativ schnell analysieren. Nach einer durchaus vielversprechenden Anfangsphase war die Millerntor-Elf bereits in der zwölften Minute wieder einmal nach einem Eckball und einem Patzer im eigenen Strafraum in Rückstand geraten. „Das Gegentor hat unsere Spieler zum Nachdenken gebracht“, sagte Vrabec. Je länger das Spiel dauerte, umso mehr schien sich das Gefühl zu verfestigen, gegen die defensiv gut organisierten Bochumer keinen Treffer mehr zu erzielen. „In der zweiten Halbzeit haben wir den Kopf verloren. Sicher hatten die Spieler auch zunehmend die davonlaufende Zeit im Hinterkopf“, vermutete Vrabec.

Auch die taktische Umstellung Mitte der zweiten Halbzeit, nicht mehr mit Flachpässen, sondern mit weiten Flugbällen auf die eingewechselten, groß gewachsenen Stürmer Michael Gregoritsch und John Verhoek zu spielen, fruchtete nicht. „Unser Plan B, es mit der Brechstange zu versuchen, hat nicht funktioniert“, stellte Vrabec fest. „Es fehlt uns noch an der Qualität und Entwicklung, zu Hause auch defensiv gut stehende Teams so effektiv zu bespielen, wie wir uns das vorstellen. Das wird einige Zeit brauchen.“

Schon kurz nach dem Spiel hatte St. Paulis Sportchef Rachid Azzouzi gesagt: „In der zweiten Halbzeit hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass wir noch ein Tor schießen könnten.“ Beinahe hätte Marc Rzatkowski ihn mit der letzten Aktion des Spiels allerdings noch eines Besseren belehrt. Der in scheinbar letzter Verzweiflung aus rund 20 Metern abgefeuerte Volleyschuss prallte an die Latte des Tores. Bochums aufmerksamer, aber insgesamt zu selten geforderter Schlussmann Andreas Luthe hätte keine Abwehrchance gehabt, wenn der Ball nur ein paar Zentimeter tiefer gekommen wäre.

So aber blieb es dabei, dass der FC St. Pauli nicht nur seine drei jüngsten Heimspiele verlor, sondern dabei auch ohne einen eigenen Treffer blieb. Seit dem 11. November beim 3:0 gegen Cottbus hatten die Anhänger der Braun-Weißen kein einziges Tor ihrer Mannschaft mehr bejubeln dürfen. Dabei waren – ebenso wie jetzt gegen Bochum – die Partien gegen Köln (0:3) und Karlsruhe (0:2) ausverkauft. „Bei so einem Publikum ist das besonders bitter“, sagte Azzouzi über diesen Negativrekord.

Einer von mehreren Gründen, warum die St.-Pauli-Mannschaft am Sonnabend nicht wie gewünscht die in dieser Spielzeit bereits mehrfach gezeigten spielerischen Akzente setzen konnte, war zweifelsfrei der schlechte Zustand des Rasens im Millerntor-Stadion. Die Spieler, Trainer Vrabec und auch Sportchef Azzouzi wollten dies zwar ausdrücklich nicht als Entschuldigung oder Ausrede für das insgesamt schwache Auftreten des Teams gelten lassen, ein Thema ist dies aber dennoch. Selbst bei flachen Zuspielen über wenige Meter sprang der Ball aufgrund der Unebenheiten der Spielfläche mehrfach unberechenbar hoch oder zur Seite und behinderte dabei das Direktspiel.

Am Sonntag bestätigte Trainer Vrabec, dass der aktuelle Zustand der Spielfläche ein „limitierender Faktor“ für das Passspiel seines Teams ist. „Der Rasen ist nicht in dem Zustand, in dem er sein sollte. Er ist so nicht in Ordnung“, sagte Vrabec. Gleichzeitig kündigte er an, das Problem in naher Zukunft zu thematisieren. Ganz offensichtlich hatte sich die Hoffnung, dass sich der Platz in den Wochen seit dem Heimspiel gegen Karlsruhe am 20. Dezember bis zum vergangenen Sonnabend auch durch entsprechende Pflege und Lichtbestrahlung regenerieren würde, nicht erfüllt – trotz des zuletzt ungewöhnlich milden Wetters. „Wir müssen darüber nachdenken, ob wir den Rasen austauschen“, sagte Vrabec. „Der Rasen ist sicherlich ein Thema“, sagte auch Sportchef Azzouzi.

Rund 100.000 Euro würde eine neue Spielfläche kosten. Bisher scheute die Vereinsführung diese Kosten. Das Argument, auch der Gegner müsse ja auf demselben Untergrund spielen, zieht nur bedingt. Nach der frühen Führung war der fast nur noch defensiv ausgerichtete VfL Bochum auf einen guten Rasen nicht mehr angewiesen. „Wenn wir in Führung gegangen wären, hätte es Bochum ebenfalls schwer gehabt, gute Angriffe aufzuziehen, und auch wahrscheinlich kein Tor mehr erzielt“, sagte Verteidiger Sören Gonther.

Die gute Nachricht ist, dass der FC St. Pauli am Sonntagnachmittag in Dresden eine ganz andere Serie ausbauen kann. Die bisher letzte Niederlage auf fremdem Platz (1:4 in Kaiserslautern am 2. November) liegt länger zurück als der letzte Heimsieg.