Der FC St. Pauli muss nach einer 2:0-Führung in der Nachspielzeit noch den Ausgleich hinnehmen

Bielefeld. Die Spieler des FC St. Pauli schlugen sich vor Enttäuschung die Hände vor das Gesicht und konnten es einfach nicht glauben, dass sie in der zweiten Minute der Nachspielzeit noch zwei Punkte verschenkt hatten. „Das fühlt sich an wie eine Niederlage“, sagte Innenverteidiger Sören Gonther nach dem 2:2 (1:0) im Zweitliga-Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld. „Ich habe wirklich gedacht, dass wir in unserer Entwicklung schon weiter wären. Man muss einfach cleverer spielen, wenn man 2:0 führt“, sagte er.

Nach Toren von Lennart Thy und Christopher Nöthe schienen die Kiezkicker auf dem besten Weg zu ihrem vierten Auswärtssieg in Folge und einem erfreulichen Rückrundenstart, doch der eingewechselte Bielefelder Stürmer Kacper Przybylko sorgte mit seinen Kopfballtoren jeweils nach Flanken von Marcel Appiah für Jubel bei den Bielefelder Fans und für Frust bei den Hamburgern.

„Wir haben den Gegner am Leben gehalten, weil wir bei vielen Umschaltsituationen die Chance zu einem weiteren Treffer liegen gelassen haben. Das war ein Zeichen von fehlender Cleverness und auch Qualität. Wir haben uns um den Lohn der Arbeit gebracht. Darüber werden wir in der Woche jetzt sprechen müssen“, sagte St. Paulis Trainer Roland Vrabec.

Er hatte sich exakt für die Startaufstellung entschieden, die eine Woche zuvor im letzten Testspiel vor dem Wiederbeginn der Zweiten Liga in Barsinghausen gegen Hannover 96 angetreten war und dort nicht nur wegen des 2:0-Halbzeitstandes überzeugt hatte. Dies bedeutete auch, dass Vrabec im Mittelfeld mit einer Rautenformation ins Spiel ging, in der Christopher Buchtmann die „Sechser“-Position bekleidete, Marc Rzatkowski und der im Winter von Werder Bremen gekommene Tom Trybull die beiden Halbfeldpositionen einnahmen und Fin Bartels den „Zehner“ hinter den Spitzen Nöthe und Thy bildete.

Schon in der ersten Spielminute sorgte Bielefelds bulliger Mittelstürmer Fabian Klos mit einem Schuss aus der Drehung für Gefahr. Auf der Gegenseite setzte sich Rzatkowski bei einem Konter durch, ließ sich im Strafraum jedoch plump fallen, anstatt den Ball auf den völlig frei stehenden Nöthe zu passen. Der Bremer Schiedsrichter Peter Gagelmann fiel auf die Einlage nicht herein und zeigte Rzatkowski Gelb.

Dafür gab es aber kurz danach Strafstoß für Bielefeld – zu Recht. Innenverteidiger Markus Thorandt hatte in der siebten Minute Patrick Schönfeld mit einer Attacke von hinten von den Beinen geholt. Thomas Hübener, der im Hinspiel mit einem verwandelten Elfmeter das 1:0-Siegtor für die Arminia erzielt hatte, traf aber nur die Latte.

„Wir sind ganz am Anfang schwer ins Spiel gekommen, hatten es dann aber weitgehend im Griff“, sagte später Mittelfeldspieler Buchtmann, der sich schon in der ersten Halbzeit mit einem taktischen Foul die zehnte Gelbe Karte einhandelte und nun am kommenden Sonnabend im Heimspiel gegen den VfL Bochum bereits zum zweiten Mal in dieser Saison gesperrt ist.

Nachdem schon in den ersten 20 Minuten Sebastian Schachten, Thy und Marcel Halstenberg den Bielefelder Torwart Patrick Platins zu Paraden gezwungen hatten, leitete in der 30. Minute Trybull mit einem Lupfer in den Bielefelder Strafraum das Führungstor ein. Der für Christopher Nöthe gedachte Ball landete mit Bielefelder Mithilfe bei Thy, der aus halblinker Position flach zur 1:0-Führung traf.

Ein vorbildlicher Angriff führte nach gut einer Stunde zur vermeintlichen Vorentscheidung. Halstenberg unterband einen Bielefelder Angriff, Bartels passte auf den links gestarteten Buchtmann, der in der Mitte Nöthe anspielte. Aus kurzer Distanz drückte der Stürmer den Ball zum 2:0 ins Netz. Es war gleichzeitig die letzte Aktion Nöthes. An der Außenlinie hatte sich schon vor dem Tor sein Kollege John Verhoek zur Einwechslung bereitgemacht.

„Danach dürfen wir dem Gegner einfach keine Chance mehr geben, noch einmal ins Spiel zurückzukommen“, sagte nach dem Spiel St. Paulis Sportchef Rachid Azzouzi. „Wir müssen seriös zu null spielen wollen. Es war klar, dass Bielefeld hier mit dem Publikum im Rücken noch einmal zurückkommen kann, wenn der Anschlusstreffer fällt.“

Dabei waren es weniger die direkten Torszenen, die ihn ärgerten. Zweimal setzte sich der 1,92 Meter große Przybylko gegen St. Paulis Innenverteidigung durch und köpfte den Ball ins Tor. „Das waren zwei identische Tore. Das ist zu einfach. Wir dürfen es dazu gar nicht kommen lassen, sondern müssen cleverer agieren“, sagte Azzouzi. Gefallen hatte ihm immerhin die über weite Strecken der Partie gezeigte Spielweise: „Es stimmt mich positiv, dass wir hier wie selbstverständlich so auftreten, dass wir gewinnen wollen.“