St. Paulis Vizepräsident und Ex-Profi Jens Duve fachsimpelt mit seinen Söhnen Dennis und Lennart über den Kiezclub, Karrieren und das Kapitänsamt

Hamburg. Die Duves sind eine echte Hamburger Fußballfamilie. Vater Jens, 51, war Bundesligaprofi beim HSV und FC St. Pauli und ist heute Vizepräsident des Kiezclubs. Sein älterer Sohn Dennis, 23, spielt in St. Paulis U23-Team, dessen Bruder Lennart, 13, spielt in St. Paulis U14 und ist Hamburger Meister. Die drei sprechen über ihren Sport, ihre Ambitionen, Rückschläge und die Erwartungen anderer. Auch Frotzeleien gehören dazu.

Hamburger Abendblatt:

Wie geht es bei Ihnen in einer solchen Fußballerfamilie eigentlich zu? Werden die Mutter und Tochter nicht wahnsinnig, wenn die drei Männer nur über Fußball reden?

Jens Duve:

Es sind ja alle absolut fußballbegeistert, auch meine Frau und unsere Tochter Alisa. Alle gehen auch sehr gern ins Stadion. Wir haben allerdings völlig unterschiedliche Ansatzweisen beim Fußball. Lenny hat zum Beispiel eigentlich überhaupt keine Ahnung von Fußball. Er findet Spieler ganz toll, die ich überhaupt nicht mag.

Dennis Duve:

Bei Lenny ist ja die Hauptsache, dass sie coole Schuhe tragen.

Lennart Duve:

Das stimmt gar nicht.

Lennart, wer ist denn nun dein Lieblingsspieler?

Lennart Duve:

Cristiano Ronaldo.

Jens Duve:

Genau den mag ich nicht. Genauso wie Zlatan Ibrahimovic oder Kevin Prince Boateng.

Wie ist es bei Ihnen, Dennis Duve?

Dennis Duve:

So einen richtigen Lieblingsspieler habe ich eigentlich nicht. Aber ich mag einen Andrea Pirlo schon gern spielen sehen.

Wie war es denn, als Sie klein waren, Dennis Duve? Wie und wann haben Sie realisiert, dass Ihr Vater Bundesliga-Profi war? Er musste ja schon verletzungsbedingt aufhören, kurz nachdem Sie geboren wurden? Hingen zu Hause viele Bilder vom Papa an den Wänden?

Dennis Duve:

Am Anfang habe ich das natürlich nicht so mitbekommen. Manchmal hat dann unsere Mama Zeitungsausschnitte herausgeholt und gezeigt. Da habe ich aber gedacht, dass das in der Steinzeit gewesen sein muss. Das waren ja alles noch Schwarz-Weiß-Fotos. Aber wir sind natürlich immer Fußball spielen gegangen.

Jens Duve:

Weihnachten haben die Jungs oft einen Ball geschenkt bekommen. Aber Lenny hat mir wirklich nie geglaubt, dass ich mal richtig Fußball gespielt habe.

Warum, Lennart? War dein Papa etwa so schlecht? Das kann ich nicht glauben.

Lennart Duve:

Er kann ja nicht mehr so gut laufen. Außerdem ist er doch ein Holzfuß. Also konnte ich nie glauben, dass er Fußballprofi war. Aber er scheint ja ganz gut gewesen zu sein.

„Holzfuß“ ist ein hartes Wort. Das wollen Sie wohl nicht bestätigen, Herr Duve?

Jens Duve:

Na ja, ich würde mal sagen, ich war so mittel.

Dennis Duve:

Also deine Flanken sind doch schon oft hinters Tor gesegelt.

Jens Duve:

Mit meinen kaputten Knien kann ich ja wirklich nicht mehr richtig laufen. Lenny kennt mich ja nur so. Aber als wir mal zusammen im Millerntor -Stadion waren und die Ersten wollten, dass ich Autogrammkarten unterschreibe, konnte er das kaum glauben. Erst dachte er, dass ich Eintrittsformulare unterschreibe.

Lennart, du spielst also heute viel besser als dein Papa?

Lennart Duve:

Ja, das auf jeden Fall.

Wo spielst du jetzt?

Lennart Duve:

In der U14 beim FC St. Pauli.

Und Sie, Dennis Duve?

Dennis Duve:

Ich habe von der C-Jugend bis zu den Amateuren beim HSV gespielt und bin vor drei Jahren zum FC St. Pauli gewechselt.

Bei transfermarkt.de sind Sie mit einem Marktwert von 75.000 Euro notiert. Wie geht man damit um, dass andere einen mit einem Geldbetrag bewerten?

Dennis Duve:

In der Regionalliga hat ja jeder Spieler einen Marktwert. Eigentlich ist das absoluter Quatsch. Ich bilde mir nichts darauf ein. Aber man wird auch auf der Arbeit darauf angesprochen.

Wie haben Sie es verfolgt und begleitet, als Ihre Jungs mit dem Fußball im Verein angefangen haben? Waren Sie Vorbild? Oder gab es von Trainern oder anderen Eltern bestimmte Erwartungshaltungen?

Jens Duve:

Mir war wichtig, dass die Jungs Mannschaftssport machen. Dass es Fußball wurde, kam quasi von selbst, da habe ich keinen gezwungen. Aber ansonsten halte ich mich als Elternteil total zurück. Natürlich fragen mich immer viele. Das war bei Dennis noch stärker als jetzt bei Lenny, weil es damals näher an meiner eigenen Karriere war. Ich habe aber niemals einem Trainer reingeredet, und ich wollte auch nie Trainer einer meiner Kinder sein. Das habe ich in meiner Jugendzeit erlebt. Da ist der Sohn vom Vater immer total ungerecht behandelt worden. Das wollte ich den Kindern nicht antun. Natürlich erfreuen wir uns daran, dass Dennis in der Hamburger Auswahl gespielt hat oder dass Lenny Hamburger Meister geworden ist. Aber ich habe nie einen der Jungs unter Druck gesetzt. Als Lenny jetzt zu St. Pauli gegangen ist, habe ich gesagt, dass sie ihn ruhig wieder rauswerfen können, wenn sie meinen, er sei nicht gut genug. Man kann ja auch ohne Fußball und ohne St. Pauli glücklich werden. Doch bisher überzeugt er ja mit ausgezeichneten Leistungen.

Lennart, es heißt, du seist unter euch dreien das größte Talent.

Jens und Dennis Duve:

Das ist aber eine sehr mutige Aussage ...

Aber wird nicht doch, vielleicht auch unterschwellig, von einem Sohn eines ehemaligen Bundesliga-Profis mehr erwartet als von anderen Kindern? Wird so ein Junge härter rangenommen?

Jens Duve:

So etwas würde einfach zur Lebenserfahrung dazugehören. Aber wenn ich die Zeit so Revue passieren lasse, muss ich sagen, dass beide immer gerecht behandelt worden sind. Sonst hätte ich mich schon eingemischt. In ihrem Stammverein gehörten die beiden zu den Besten, aber je höher sie kommen, desto dünner wird die Luft. Natürlich kommen dann schon mal Gerüchte, dass der Junge nur deshalb spielt, weil sein Vater Vizepräsident ist.

Dennis Duve:

Das kann ich bestätigen. Es kommen häufiger Dinge, die mit dem Engagement meines Vaters im Präsidium zu tun haben, als damit, dass er früher Profi war.

Da haben Sie also schon Frotzeleien zu hören bekommen.

Dennis Duve:

Klar bekommt man schon Sprüche reingedrückt. Als ich noch beim HSV gespielt habe, haben schon mal Leute gefragt, was ich eigentlich noch beim HSV will, wo mein Vater doch im Präsidium bei St. Pauli ist. Oder einer hat gesagt, mein Vater solle mal einen Vertrag für ihn fertig machen und ihn vom HSV rüberlotsen. Das kommt auch heute noch vor. Aber wenn ich selbst von einem Trainer mehr gefordert und damit gefördert wurde, lag es eher daran, dass ich in der jeweiligen Mannschaft zu den Besseren gehörte.

Lennart Duve:

Die meisten Trainer wissen gar nicht, dass mein Vater Profi war.

Dann müssen die Trainer aber ziemlich jung sein ...

Jens Duve:

Wenn man ehrlich ist, muss man sich schon ziemlich damit beschäftigt haben, um heute bei dem Namen Duve aufzumerken. Ich war ja ein durchschnittlicher Bundesligaspieler und nicht Beckenbauer oder Matthäus.

Aber Sie waren immerhin Kapitän beim FC St. Pauli.

Jens Duve:

Ja, das stimmt. Hast du gehört, Lenny? Kapitän!

Lennart Duve:

Ja, okay, habe ich.

Jens Duve:

Ich bin ja auch eher auf dem zweiten Bildungsweg zum Fußballprofi geworden. Das war als Kind zwar ein Traum, aber nicht im Lebenszyklus so vorgesehen. Das war noch eine andere Zeit. Wenn man heute mit 18 oder 19 Jahren nicht Profi ist, dann ist der Zug praktisch abgefahren, weil immer Neue nachkommen. Wenn man bei uns mit 21 oder 22 Profi wurde, dann war das ja schon gut. Ich weiß natürlich, dass ich nie ein Weltklassespieler war. Aber ich denke, dass ich aus meinen Möglichkeiten das Beste gemacht habe. Besser hätte ich nicht werden können.

Und es war sicher auch eine schöne Zeit.

Jens Duve:

Ja, das auch. Und ich lebe davon im Grunde heute noch, denn ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Das versuche ich auch den Kindern nahezubringen. Ich sehe es auch an Dennis, dass sein Leben einfach sehr strukturiert ist. Man ist viel zielorientierter und aufgeräumter als jemand, der in seiner Jugend einfach so rumgedaddelt hat. Ich halte Sport immer auch für eine unterstützende Erziehungsmaßnahme.

Ihre Jungs merken ja auch, dass Sie heute einen „richtigen“ Beruf ausüben müssen, obwohl Sie Profi waren.

Jens Duve:

Das ist richtig. Man sieht bei mir, dass es durch Verletzungen auch mal schiefgehen kann und man nicht alles auf die Karte Fußball setzen darf.

Dennis Duve, Sie arbeiten ja auch.

Dennis Duve:

Ja, ich bin in der Verwaltung der Endo-Klinik tätig. Ich habe dort auch, damals noch in Harburg, meine Ausbildung gemacht. Und ich studiere jetzt auch noch BWL an der Fernuni Oldenburg. Insofern habe ich nicht alles auf die Karte Fußball gesetzt.

Zuletzt haben Sie sich ja ziemlich auf Arbeit und Studium konzentrieren können. Was für eine Verletzung hatten Sie?

Dennis Duve:

Es war eine Leistenverletzung, mit der ich mich schon am Ende der vergangenen Saison herumgeplagt hatte. Zu Beginn der Vorbereitung auf diese Saison habe ich gemerkt, dass es überhaupt nicht besser geworden ist. Deshalb habe ich seitdem pausiert und hoffe, dass ich die Rückrunde wieder mitspielen kann. Ein halbes Jahr Pause ist wirklich genug.

Jens Duve:

So eine Leistenverletzung ist nicht so einfach zu fassen, wie etwa ein Schien- und Wadenbeinbruch. Da weiß man, wie viele Monate es dauert.

Ihre U23-Mannschaft kann ja Unterstützung gut gebrauchen, so gut ist die Serie bisher nicht gelaufen.

Dennis Duve:

Ich würde sagen mittelgut.

Jens Duve:

Eigentlich ist es eine gute Mannschaft. Das Problem ist eben, dass außer Christian Rahn und eben Dennis nur sehr junge Spieler im Team sind. Wenn dann schlechte Phasen kommen, ist es schwierig, nur mit 19- oder 20-Jährigen zu spielen. Wenn alles im Laufen ist, könnten sie sogar mit einmal auch Dritter sein.

Und Lennart, du willst dann in ein paar Jahren deinen Vater und Bruder übertrumpfen?

Lennart Duve:

Ja, am liebsten schon. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, Fußballprofi zu werden. Aber das will natürlich auch jeder aus meiner Mannschaft.

Wie oft stehst du auf dem Platz?

Lennart Duve:

Ich habe viermal pro Woche Training und am Wochenende dann immer zwei Spiele.

Jens Duve:

Das ist schon ein großer Aufwand und ein sehr großer Unterschied zu meiner Zeit. Ich habe erst angefangen, dreimal pro Woche zu trainieren, als ich in der C-Jugend war. Und jetzt spielen sie eben immer doppelt. Das erste ist das Punktspiel, und am Tag danach gibt es ein Freundschaftsspiel gegen denselben Gegner. Das ist toll, aber das machen ja alle großen Vereine. Und deshalb kommen eben so viele gute Jungs dabei heraus. Es ist beachtlich, wie gut die schon spielen können und wie sie taktisch geschult sind. Es gibt heute wirklich viel, viel mehr gute und sehr gute Spieler als zu meiner Zeit.

Dennis Duve, wie verfolgen Sie den Werdegang Ihres Bruders?

Dennis Duve:

Natürlich verfolge ich das, aber ich schaffe es nicht so oft, bei den Spielen zuzuschauen.

Und geben Sie ihm auch Tipps? Sie haben ja immerhin zehn Jahre mehr Erfahrung.

Dennis Duve:

Wir probieren es ja immer mal, ihm auch Tipps zu geben. Manchmal sagt er dann, der Trainer habe etwas anderes gesagt. Aber meist hört er auch auf uns.

Oder nervt das, wenn der Papa und der Bruder reinreden, Lennart?

Lennart Duve:

Es nervt schon oft. Aber manchmal ist es auch hilfreich.

Traust du also dem Trainer mehr?

Lennart Duve:

Ja, eigentlich schon.

Jens Duve:

Baris Tuncay ist ja auch ein Beispiel für die sehr guten Nachwuchstrainer beim FC St. Pauli. Er hat mit Lennart jetzt eine Wandlung vollzogen vom Mittelstürmer und Torjäger zu einem „Sechser“. Das hat Dennis ja auch mal gespielt, und ich weiß ungefähr, wie das geht. Ich denke, Lenny nimmt das mit, was er mitnehmen will. Der Rest geht hier rein und dort wieder raus.

Willst du dein Abitur noch machen, Lennart?

Lennart Duve:

Das will ich schon machen. Ich werde ja auch ein bisschen unter Druck gesetzt.

War es bei Ihnen auch so, dass die Tochter in der Schule zielstrebiger war?

Jens Duve:

Da gehen die Meinungen auseinander. Bei Dennis hatte ich überhaupt keine Sorge. Er war zwar kein Überflieger, aber er wusste immer, was er wollte. Unsere Tochter Alisa schien mir manchmal nicht so zielstrebig zu sein. Ich habe ihr einmal gesagt, dass sie ein schlechteres Abi machen wird als ihr Bruder und ich. Da gab es dann ordentlich Theater. Aber seitdem hat sie es richtig durchgezogen. Und bei Lennart würde ich sagen, dass er auf jeden Fall das Potenzial für das Abi hat. Es muss nur aktiviert werden.

Dennis Duve, würden Sie sich überhaupt freuen, wenn Ihr Bruder an Ihnen vorbeizieht und im Profifußball landet?

Dennis Duve:

Es wäre auf jeden Fall super, wenn er es schaffen würde. Das würde ich ihm absolut gönnen. Und wie gesagt, wenn er Tipps braucht, gebe ich sie ihm gern.

Jens Duve:

Wichtig ist nur, dass Lenny auch weiß, dass das eben nicht der einzige Weg ist.

Wie haben Sie Weihnachten gefeiert?

Jens Duve:

Wir haben ja einen engen Familienzusammenhalt und machen immer etwas zusammen. Diesmal hatten wir uns entschieden, etwas ganz anderes zu machen, und sind alle zusammen am 18. Dezember nach Dubai geflogen.