Von Island auf den Kiez: Der FC St. Pauli testet Emil Atlason, den Sohn des ehemaligen Bundesligaprofis Atli Edvaldsson. Sportchef Rachid Azzouzi sieht Vorteile eines Probetrainings.

Hamburg. Die Trainingskiebitze an der Kollaustraße rätselten am Dienstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein. „Ist dieser Isländer noch da? Wo ist er denn?“ Dieser Isländer mit Namen Emil Atlason war in der Tat noch immer im Probetraining beim FC St.Pauli. Seit vergangenem Mittwoch schaut sich Trainer Michael Frontzeck den aktuellen U21-Nationalspieler an. „Emil ist ein interessanter Junge“, lobt Frontzeck. „Er ist talentiert und hat gute Anlagen.“ Atlason wurde Sportdirektor Rachid Azzouzi von einem Spielervermittler angeboten. Da in Island der Ligabetrieb bereits beendet ist, bot sich die Gelegenheit für ein Probetraining.

„Über die Jahre habe ich mir ein Netzwerk aufgebaut“, sagt Azzouzi. „Wir haben uns über Emil informiert und uns dazu entschlossen, ihn anzuschauen. Seine Statistiken in der Nationalmannschaft sind nicht schlecht.“ In der laufenden U21-EM-Qualifikation traf der Stürmer, der bei seinem Verein KR Reykjavik oft im rechten Mittelfeld agiert, in fünf Spielen siebenmal. „Er hat einen guten Abschluss. Auch wenn Islands Liga keine Eliteliga ist: Die A-Nationalmannschaft hat noch Chancen auf die WM, und auch der Nachwuchs ist erfolgreich“, sagt Azzouzi.

Das Risiko für den Verein, so der St.-Pauli-Sportchef, sei bei einem Probetraining ohnehin gering. Außerdem bestehe so die Chance, den Profi nicht nur als Fußballer, sondern auch als Menschen besser einschätzen zu können. „Isländer sind vielleicht nicht als Stimmungskanonen bekannt, haben aber eine gute Mentalität und sind Kämpfer“, sagt Azzouzi, der bei seinem Ex-Verein Greuther Fürth gute Erfahrungen mit Testspielern gemacht hat. Der Ghanaer Abdul Rahman Baba überzeugte im Probetraining, erhielt einen Vertrag und wurde Leistungsträger bei den Franken.

Ob Atlason, der auch von englischen Clubs umworben sein soll, dem FC St. Pauli erhalten bleibt, ist derzeit noch offen. Dass es ihn nach Deutschland verschlägt, wäre fast eine logische Konsequenz. Vater Atli Edvaldsson spielte zwischen 1980 und 1988 und für Dortmund, Uerdingen und Düsseldorf in der Bundesliga. „Emil hat aber bei KR Reykjavik noch einen laufenden Vertrag. Er wird noch ein paar Tage bei uns mittrainieren“, sagt Azzouzi über Atlason, der auf Anweisung des Vereins kein Interview geben durfte.