Mit dem FC St. Pauli trifft der 42-jährige Sportchef am Sonntag auf seinen früheren Club Greuther Fürth. Zuvor zieht er eine erste Zwischenbilanz.

Hamburg. Das E-Mail-Postfach war prall gefüllt, auf dem Schreibtisch stapelten sich Unterlagen: Rachid Azzouzi startete seinen Montagmorgen mit jeder Menge Arbeit. Die länderspielfreie Zeit hatte der Sportchef des FC St. Pauli zuvor dazu genutzt, endlich einmal mit der Familie Urlaub zu machen. Im Sommer, als die Transferperiode lief, hatte der 42-Jährige kaum Erholung finden können. „Da sind meine Kinder auch viel zu kurz gekommen“, sagt Azzouzi. „Gar nicht arbeiten geht zwar nicht, aber ich habe mich jetzt schon mal weitestgehend rausgenommen.“ Mit seiner Frau Stefanie und den Kindern Khadira und Naima besuchte er eine Woche lang die Schwiegereltern und Freunde.

Wortlos und sichtlich angefressen hatte sich Azzouzi zuvor nach der 1:2-Heimpleite gegen Paderborn vom Millerntor verabschiedet. Der Ärger sei zwar nun verflogen, „aber das Spiel war schon ein Rückschlag für uns“, gibt er zu. Er sei ein ungeduldiger Mensch und „hätte gedacht, dass wir nach dem Sieg in Ingolstadt mit Selbstvertrauen und Mut auftreten“. Auch wenn sein Team die zuvor durchaus gezeigten Qualitäten an jenem Abend vermissen ließ, zieht Azzouzi nach zehn Spieltagen ein positives Zwischenfazit. „Wir können mit den 15 Punkten absolut zufrieden sein und stehen auch zu Recht auf dem sechsten Platz“, erklärt er. Man habe im Sommer nach der verkorksten Vorsaison eine gute Entwicklung genommen, die es nun fortzuführen gelte.

Gleichwohl sieht der zweimalige WM-Teilnehmer Marokkos viel Arbeit für die junge Mannschaft und das Trainerteam um Michael Frontzeck. „Es gibt Spiele wie in Ingolstadt oder zu Hause gegen Dresden, in denen wir den Gegner klar beherrscht haben. Diese Spiele müssen wir dann aber auch deutlicher entscheiden. Da haben wir beide Male fast noch Punkte abgegeben“, mahnt er. Tatsächlich erzielte St. Pauli bei allen vier Siegen nur ein Tor mehr als der Gegner.

Selbstbewusstes Auftreten erhofft sich Azzouzi auch im Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten Greuther Fürth am Sonntag (13.30 Uhr). Für ihn eine Reise in die Vergangenheit: 15 Jahre lang war Azzouzi als Spieler, Teammanager und Sportdirektor in Fürth tätig, kehrt nun erstmals in offizieller Funktion zurück. „Klar, das ist ein besonderes Spiel für mich. Ich werde viele Weggefährten treffen, das ist schön, aber meine Aufgabe ist jetzt der FC St. Pauli“, sagt er. „Ich bin auf St. Pauli angekommen und will in Fürth gewinnen.“ Der Bundesliga-Absteiger spiele stets sehr offensiv. Dennoch müsse sich sein Verein am Fürther Ronhof nicht verstecken. Nach perfektem Saisonstart unter Trainer Frank Kramer kassierte der Aufstiegsmitfavorit in den vergangenen vier Spielen zwei Niederlagen und verlor die Tabellenführung.

Gespräche mit Frontzeck im Winter

Im Sommer holte Azzouzi Bernd Nehrig und Christopher Nöthe, zwei in Fürth aussortierte Profis, nach Hamburg. Beide spielten zuvor kaum mehr eine Rolle, kamen ohne Selbstvertrauen zum Kiezclub. Nach schwierigem Start sieht Azzouzi das Duo auf einem guten Weg. „Beide wissen, dass sie nach solch einer Saison Zeit gebraucht haben“, erklärt der Sportchef. „Bernd hat sich nun reingebissen, und Chris musste einfach mal treffen (erzielte gegen Paderborn sein erstes Tor, d. Red.), das gibt ihm Selbstvertrauen.“

In der Winterpause will Azzouzi erneut Bilanz ziehen. Dann sollen Gespräche mit Trainer Frontzeck, dessen Vertrag im Sommer endet, aufgenommen werden. „Das ist mit ihm so besprochen. Wir schauen uns dann an, wie die Entwicklung verlaufen ist. Auch er soll ein Gefühl dafür bekommen“, berichtet Azzouzi. Neben Frontzeck laufen nach der Saison auch die Verträge der Co-Trainer Timo Schultz, Roland Vrabec, von Torwarttrainer Mathias Hain und zwölf Spielern aus. Rachid Azzouzi steht viel Arbeit bevor.