Ein Spiel Sperre für St. Paulis Verteidiger nach umstrittenem Platzverweis. Kalla und Kringe drängen in die Startelf

Hamburg. Michael Frontzeck hatte am Tag danach eine klare Meinung gewonnen. „Das war niemals eine Rote Karte“, erklärte der Trainer des FC St. Pauli angesprochen auf die Szene des Spiels am Vorabend gegen Fortuna Düsseldorf (1:1). Sein Verteidiger Markus Thorandt hatte Stürmer Aristide Bancé in der 81. Minute nach einem Tritt des Fortunen mit einem Schubser attackiert. Der schwache Schiedsrichter Bastian Dankert ahndete dies zur Verwunderung der 29.063 Zuschauer am Millerntor mit dem Platzverweis. Frontzeck analysierte die Partie und jenen Aufreger noch in der Nacht vor dem heimischem Fernseher. „Eigentlich müsste Torre freigesprochen werden“, so das Ergebnis der Videosichtung des Coaches: „Das war eine völlig überzogene Maßnahme.“

Zu diesem Schluss war auch Torwarttrainer Mathias Hain bereits am Abend gekommen, als er in den Katakomben des Stadions auf dem Fernseher die Szene zu sehen bekam: „Das ist ein Witz. Da muss man sich fragen, ob der Schiedsrichter gerne mal Rot geben wollte“, polterte der Ex-Profi. „Sünder“ Thorandt hielt sich auch am Dienstag bedeckt, wollte vorerst keine öffentlichen Äußerungen zu dem Vorfall tätigen. TV-Bilder zeigten, dass zusätzlich zum Schubser gegen Bancé eine leichte Trittbewegung mit dem rechten Fuß vorlag. Routinier Thorandt hatte sich anschließend in der Kabine des Schiedsrichters über die Entscheidung informiert. Dankert soll dabei nach Ansicht der Bilder zu einer anderen Wahrnehmung gekommen sein. Trotzdem sperrte das DFB-Sportgericht ihn wegen unsportlichen Verhaltens für ein Spiel. Ein Urteil, dass die möglicherweise zu harte Entscheidung unterstreicht. Hätte tatsächlich eine Tätlichkeit vorgelegen, wäre Thorandt wohl für drei Partien gesperrt worden.

Somit fehlt der 32-Jährige seinem Team aber im Auswärtsspiel beim Tabellenletzten FC Ingolstadt am Sonntag (13.30 Uhr). Sorgen macht sich Frontzeck deshalb nicht. Mit Jan-Philipp Kalla wartet seit Wochen eine Alternative auf seine Chance. Trotz hervorragender Verfassung blieb dem St.-Pauli-Urgestein stets nur der Platz auf der Bank. Auch gegen Düsseldorf kam Kalla erst in den Schlussminuten, fügte sich dann fehlerfrei in die Abwehrkette ein. „Wenn er sich nicht vor dem Saisonstart verletzt hätte, wäre er zu Beginn in der Startelf gewesen“, bestätigte Frontzeck am Dienstag, dass sich Kalla seines Platzes in Ingolstadt sicher sein darf.

Ohne Garantie, jedoch mit deutlich gestiegenen Chancen geht Florian Kringe ins Rennen um die Startelf. Nach Bancés Führungstreffer (47. Minute) war es der drei Minuten zuvor eingewechselte Mittelfeldmann, der mit einem Volleykracher aus 22 Metern in der 82. Minute für die Punkteteilung gesorgt hatte. Bereits zum zweiten Mal in dieser Spielzeit hatte Kringe als Joker so mit einem Treffer die Wende am Millerntor herbeigeführt. „Ich habe ein bisschen spekuliert, wie der Ball zu mir kommt, dann waren es Bruchteile von Sekunden und ich habe einfach mal draufgehalten“, berichtete Kringe am Tag danach. Während die Ersatzspieler bereits am Vormittag auf dem Gelände der Kollaustraße trainierten, durfte der Torschütze trotz kurzer Einsatzzeit noch ein ausgedehntes Frühstück mit Freunden aus Düsseldorf genießen und am Nachmittag mit der Stammelf auslaufen.

Nun kann er, auch weil Kapitän Fabian Boll sich zuletzt schwächer präsentierte, auf seinen vierten Einsatz von Beginn hoffen. „Ich bin natürlich nicht zufrieden und will spielen“, sagte der frühere BVB-Profi über sein derzeitiges Reservistendasein. Stets betont er aber sein gutes Verhältnis zu Frontzeck.

Kringe sei nur „Nuancen“ vom ersten Team entfernt gewesen, hatte auch Frontzeck noch einmal einen Tausch auf der defensiven Mittelfeldposition angedeutet. Mit guten Leistungen im Testspiel gegen Werder Bremen (4:1) und bei seinen Einwechslungen hat sich Kringe wieder mehr als herangetastet. „Ich kann mir nichts vorwerfen. Ich trainiere gut, ich spiele gut im Rahmen meiner Möglichkeiten, mehr kann ich nicht tun“, erklärte der 31-Jährige.

Trainer Frontzeck zog nach seiner Videoanalyse anschließend trotz des fußballerisch niveauarmen Spiels ein zufriedenes Fazit: „Mir war wichtig, dass wir dem Gegner keine Räume geben. Nach so einem Spielverlauf heißt es dann: Punkt mitnehmen, Mund abputzen.“