St. Paulis Michael Frontzeck trifft in der Zweiten Liga auf Bochums Peter Neururer. Beide Clubs haben ähnliche Nöte

Hamburg. Die Buchmacher sind von einem Erfolgserlebnis des FC St.Pauli überzeugt. Setzt man beim Wettanbieter „mybet“ zehn Euro auf das Ende der Torflaute im Auswärtsspiel beim VfL Bochum an diesem Freitag (20.30 Uhr), erhält man im Falle eines Treffers gerade mal 13 Euro. Dass Wetten auf einen einzigen Treffer und nicht etwa auf Sieg oder Niederlage derzeit Hochkonjunktur haben, liegt an der anhaltenden Torarmut St. Paulis. Seit 280 Minuten wartet das Team von Michael Frontzeck nun schon auf einen Treffer. Von Panikmache will der Trainer trotzdem nichts wissen. „Ich werde jetzt nicht alles über den Haufen werfen und ein anderes System spielen lassen“, erklärte der 49-Jährige vor der Partie im Rewirpowerstadion. „Ich habe weiter Vertrauen in die Jungs.“

Ganze 21 Torschüsse hatte der FC St. Pauli beim 0:1 gegen Bielefeld abgegeben – deutlich mehr als in den drei Spielen zuvor. Frontzeck sieht sein Team deshalb auf dem richtigen Weg und will sich trotz fehlender Resultate „auf den Trend (drei Spiele ohne Sieg, d. Red.) nicht einlassen“. In Bochum dürfte Christopher Nöthe, der „wieder bei 100 Prozent ist“, in einem 4-2-3-1-System seine nächste Chance in der Startelf erhalten. Große Wechselspiele plant der Coach nicht. „Wichtig wird auch in Bochum sein, dass wir hinten gut stehen“, weiß Frontzeck, der hofft, „das Spiel so beenden zu können wie Bielefeld bei uns.“ Mit dem Glück, das nicht nur in den vergangenen drei Partien fehlte, sondern auch beim letzten Auftritt St. Paulis in Bochum, als beide Teams tief im Abstiegskampf steckten.

Im April beim Heim-Comeback von Kulttrainer Peter Neururer ging der Kiezclub mit 0:3 unter. „Da hatten beide jeweils ungefähr neun hundertprozentige Torchancen. Bochum hat daraus drei Tore gemacht…“, erinnert sich Frontzeck. Für Neururer war diese Partie die Wiederauferstehung des VfL: „Da hat der Verein erstmals in seiner Geschichte erkannt, dass er Gefahr lief, total zu verschwinden.“ Bekanntlich blieb Bochum in der Liga, Spaßvogel Neururer, ein bekennender St.-Pauli-Sympathisant, verlängerte seinen Vertrag. „Wenn ich überhaupt irgendwelche Fähigkeiten hatte oder habe, sind es vielleicht die, Leute anzusprechen und ein Wir-Gefühl zu entfachen“, sagt der 58-Jährige, der im Juni 2012 einen Herzinfarkt knapp überlebte.

Beide Teams mussten in der Sommerpause einen großen Umbruch einleiten. Während St. Pauli acht Neuzugänge integrierte, verließen gleich 16 Spieler in Bochum den Club – darunter Supertalent Leon Goretzka (Schalke 04) und Neu-St.-Paulianer Marc Rzatkowski. „Es ist fast ein ganzer Kader weggegangen, das braucht seine Zeit. Ich bin niemand, der übers Wasser laufen kann oder die Hand auflegt, und dann funktioniert alles. Möglicherweise können wir aber mehr erreichen, als wir erwartet haben“, sagt Neururer, der schon für 2015 den Aufstieg in die Bundesliga anpeilt.

Forsche Töne, denn für beide Kontrahenten geht es am Freitagabend zunächst einmal um eine Trendwende. Auf einen Sieg folgte ein Remis, anschließend eine Niederlage: So liest sich nicht nur die Bilanz der Hamburger, sondern auch Bochums Ausbeute. „Für beide Mannschaften ist es jetzt wichtig, eine positive Grundtendenz reinzuhauen. Es ist noch nichts Dramatisches, aber jeder kleine Schritt ist wichtig. Wir wollen eine Serie starten“, kündigt die VfL-Legende an. Schließlich, so sagt er, gebe es jedes Jahr ein Team wie in der vergangenen Spielzeit Eintracht Braunschweig. „Die hat keiner auf dem Zettel gehabt, und dann marschieren sie durch und steigen auf. Ich bin gespannt, wer diese Rolle einnimmt. Wenn wir es dann sein sollten, was ich aber nicht glaube, nehmen wir es dankend an“, sagt Neururer.

Derlei Aussagen bekommt man auf St. Pauli aktuell nicht zu hören. Zu sehr belastet die Torkrise die Stimmung. Dass auch in Bochum angesichts von drei Treffern in drei Spielen schon über Harmlosigkeit im Angriff debattiert wird, könnte man fast als Luxusproblem abstempeln. Während Frontzeck auf den Faktor Geduld setzt, kündigt Neururer an: „Was wir an Offensivkraft haben, werden wir reinschmeißen.“ Bedeutet: Neben dem früheren St.-Paulianer Richard Sukuta-Pasu wird Mirkan Aydin in einem 4-4-2-System stürmen. Dahinter soll Yusuke Tasaka als Spielmacher fungieren.

Hamburger Pessimisten darf kurzfristig noch zum Tipp auf eine weitere Nullrunde St.Paulis geraten werden. Dafür zahlt der Wettanbieter bei zehn Euro Einsatz gleich 32 Euro aus. Ein 3:0-Sieg bringt jedoch 300 Euro.