Nach der Pleite in Münster ist offensichtlich: Das Team von Trainer Michael Frontzeck leidet wieder unter einem Sturmproblem. Sorgen macht vor allem Christopher Nöthe.

Hamburg. Die Geschehnisse des Abends zuvor nagten noch an Michael Frontzeck. „Nein, nach rund zwölf Stunden ist das noch nicht verdaut“, sagte der Trainer des FC St. Pauli am Montagvormittag im Hinblick auf das 0:1 beim SC Preußen Münster und das damit verbundene Ausscheiden in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals. Zuvor hatte er auch in der Kabine des Trainingszentrums an der Kollaustraße vor der versammelten Mannschaft die Fehler und Unzulänglichkeiten noch einmal angesprochen.

Das Hauptthema dieser Analyse war die akute Misere der Mannschaft in der Offensive. In den ersten drei Pflichtspielen der Saison, also den Zweitligapartien gegen 1860 München (1:0) und beim Karlsruher SC (0:0) sowie eben dem Pokalspiel in Münster (0:1) am Sonntagabend gelang dem Team nur ein einziger Treffer. Dabei wurde das Siegtor gegen 1860 bekanntlich von Lennart Thy durch eine Unaufmerksamkeit von Münchens Torwart Gabor Kiraly begünstigt.

„Wir müssen beim Torabschluss energischer und brutaler werden. Wir hätten die zwei, drei klaren Chancen in Münster zu Toren verwerten müssen“, sagte Frontzeck am Montag in seiner Analyse. Er musste dabei auch an die Szene kurz vor der Halbzeitpause gedacht haben, als Mittelfeldspieler Sebastian Maier mit einer der wenigen gelungenen Strafraum-Aktionen Stürmer Christopher Nöthe freispielte, der Münsters Torwart Daniel Masuch umkurvte, aber so weit abgedrängt wurde, dass er den Ball nicht mehr im Tor unterbringen konnte.

Frontzeck als Psychologe gefragt

Gerade im Fall Nöthe ist Frontzeck jetzt als Psychologe gefragt. Der 25 Jahre alte Stürmer hatte vor zwei Jahren mit 15 Saisontreffern in der Zweiten Liga maßgeblich zum Aufstieg der SpVgg. Greuther Fürth in die Erste Bundesliga beigetragen. Hier in der Eliteklasse aber gelang ihm überhaupt kein Tor mehr, und er wurde auch nur noch sporadisch eingesetzt. In der Überzeugung, er könne ja seinen Torinstinkt nicht einfach verloren haben, verpflichtete ihn der FC St. Pauli. Jetzt sagt Frontzeck: „Der Chris hat ein richtiges Scheißjahr hinter sich. Das kann man nicht in sechs oder acht Wochen abschütteln. Aber er arbeitet auf dem Feld hart und geht viele Wege nach hinten.“

Andererseits aber hatte jetzt in Münster auch Frontzecks Geduld mit Nöthe relativ früh ein Ende. In der 56. Minute beendete er dessen Arbeitstag und brachte den Niederländer John Verhoek, der sich mit ein paar dynamischen Aktionen in Szene setzte, ohne allerdings sonderlich torgefährlich zu werden. „Nachdem Nöthe seine große Chance nicht genutzt hatte, wusste ich, dass es in seinem Kopf arbeitet“, sagte Frontzeck. Entgangen ist ihm dabei auch nicht, dass Nöthe auf dem Spielfeld schon von seiner Körpersprache her oft eher einen gefrusteten Eindruck hinterlässt, als dass er Selbstsicherheit und Tatendrang ausstrahlt. In diesem Punkt verweist Frontzeck darauf, dass vor einem Jahr auch die Körpersprache des später gefeierten Torjägers Daniel Ginczek (18 Saisontreffer) anfangs negativ war. „Wir haben auch mit ihm daran gearbeitet“, berichtet er. Der Unterschied ist jetzt nur, dass die Erwartungen an Ginczek als junger Leihspieler grundsätzlich niedriger waren als jetzt an den etablierten Profi Nöthe.

Unbestritten ist, dass Verhoek jetzt, nachdem er seine Knöchelverletzung auskuriert hat, auch für einen Einsatz in der Startelf infrage käme. „Er ist eine Alternative und in guter Verfassung“, sagte Frontzeck am Montag. Dabei ließ er es aber offen, ob er sich im Hinblick auf das am Sonntag (13.30 Uhr) anstehende Heimspiel gegen Arminia Bielefeld tatsächlich zu einem Stürmerwechsel in der Startelf entschließen wird. Er ahnt, dass eine solche Entscheidung Nöthes Selbstvertrauen noch stärker belasten könnte. Andererseits kann er Verhoek auch nicht beliebig lange auf einen Einsatz von Beginn an warten lassen.