Es muss schon etwas Gravierendes vorgefallen sein, wenn ein leitender Angestellter öffentlich seinen Chef verbal attackiert, so wie es St. Paulis Cheftrainer Michael Frontzeck getan hat, als er Präsident Stefan Orth hart kritisierte und unter anderem mangelnden Respekt vorwarf. Frontzeck sah – nicht zu Unrecht – Orths Tipp zum Spiel gegen 1860 München („ein klarer Sieg“) als unnötige Motivation für den ohnehin starken Gegner an. Zudem fühlte er wohl auch sich und sein Team unter unnötig hohen, zusätzlichen Druck gesetzt.

Wer allerdings unmittelbar Zeuge von Orths Aussagen war, der weiß, dass dahinter keineswegs die Strategie stand, Frontzeck und dessen Spieler mit überzogenen Erwartungen zu drangsalieren. Es war keine fachlich fundierte Prognose des Vereinschefs sondern eine von Wunschdenken geprägte und ziemlich übermütige Vorhersage eines St.-Pauli-Fans, der dieser Club-Präsident eben auch immer noch ist. So erfrischend und menschlich verständlich es auch sein mag, wenn ein Funktionär aus seinen positiven Emotionen keinen Hehl macht, so sollte er in bestimmten, sensiblen Situationen doch immer auch bedenken, wie seine Worte aufgenommen und interpretiert werden können.

Im Falle von Orth ist es nicht das erste Mal, dass er mit etwas leichtfertig getroffenen Aussagen sein Umfeld irritiert. So war es zum Beispiel, als er sagte, ein Finanzdienstleister käme als St.-Pauli-Sponsor nicht infrage. Dabei hatte er an skrupellose Finanz-Haie gedacht, aber de facto die Bank, die schon länger Partner des Kiez-Clubs ist, ziemlich düpiert.