Der Kapitän des FC St. Pauli verlängert um ein weiteres Jahr. Nach Verletzungen dachte er zwischenzeitlich ans Karriereende.“Eine zentrale Figur des ganzen Clubs.“

Hamburg. Um die Bedeutung Fabian Bolls herauszuheben, kramte Sportchef Rachid Azzouzi eine Szene aus der Hinrunde hervor. Der Kapitän des FC St. Pauli hatte den Ball im Strafraum mit dem Rücken zum Tor angenommen, sich mit einer Energieleistung um Gegenspieler Florian Jungwirth gedreht und in der 45. Minute zum 1:2-Anschlusstreffer abgeschlossen. Es war das Hinspiel gegen den kommenden Gegner Dynamo Dresden, in dem Boll sein am Boden liegendes Team zurück in die Partie gebracht, später zum 3:2-Sieg geführt und so Azzouzi nachhaltig beeindruckt hatte.

"Da hat er gezeigt, wie wichtig er für die Mannschaft ist", erklärte der 42-Jährige, um zu verkünden, dass der Verein und Boll sich auf eine Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr geeinigt haben. Weil Boll durch Malaisen an Rücken und Oberschenkel und durch grippale Infekte in den vergangenen fünf Monaten nur einmal über 90 Minuten auf dem Feld stehen konnte, hatte sich sein Kontrakt nicht automatisch verlängert. Eine entsprechende Klausel bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Spielen war abgelaufen. "Mit so einer Saison wollte ich nicht aufhören. Sowohl wie es sportlich für die Mannschaft läuft - als auch für mich persönlich", erklärte der defensive Mittelfeldspieler, der schon frühzeitig positive Signale von Azzouzi erhalten hatte.

Dennoch gab der 33-Jährige zu, dass der Gedanke ans Karriereende "zeitweise schon da war". "Irgendwann wird es schwieriger, sich zu motivieren, im Urlaub morgens aufs Laufband zu gehen, wenn meine Frau schon am Frühstücksbüfett steht", berichtete Boll. Nach nun überstandenen Verletzungen wolle er jedoch noch einmal angreifen und spätestens zur neuen Saison den Spielrhythmus wiederfinden. Dass er beim Kiezclub nach dem Abgang von Marius Ebbers und Florian Bruns dann den Alterspräsidenten gibt, soll bei der Karriereplanung keine Rolle spielen. "Ich bin weit davon entfernt, Fünfjahrespläne aufzustellen, aber ich kann mir auch vorstellen, noch ein Jahr dranzuhängen." Das Alter spiele dabei keine Rolle, die körperliche Verfassung werde den Ausschlag geben.

Im Juli feiert der Kriminaloberkommissar zehntes Jubiläum beim FC St. Pauli. Dort, wo er in der Regionalliga anfing, den Sprung bis zum Bundesligaspieler schaffte und möglicherweise auch nach der Laufbahn eingebunden werden soll. Denn auch abseits des Platzes vermittelt Boll den Jungprofis die typischen St.-Pauli-Werte, demütig und bescheiden zu bleiben. "Er hat alle Niederungen hier durchlebt und ist eine zentrale Figur des ganzen Clubs", verdeutlicht Trainer Michael Frontzeck den Status seiner "rechten Hand". Ob es für Boll nach nur vier Tagen Regeneration am Sonnabend (13 Uhr) in Dresden zum zweiten Mal in diesem Jahr zum Einsatz in der Startelf reicht, will der Coach kurzfristig entscheiden. Die Szenen aus dem Hinspiel dürften dabei wohl auch eine Rolle spielen.