Alexander Laukart wechselte als 13-Jähriger vom Kiezclub zum VfL Wolfsburg. Ein Jahr später endet sein Gastspiel aus familiären Gründen.

Hamburg . Am letzten Wochenende im Februar wurde Alexander Laukart noch einmal direkt mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Das Wiedersehen mit den alten Trainern, ehemaligen Mitspielern und Betreuern stand auf dem Spielplan: die U16 des VfL Wolfsburg zu Gast bei den jüngeren B-Junioren des FC St. Pauli.

Vor einem Jahr, im Januar 2012, war der Mittelfeldspieler im Alter von 13 Jahren aus Hamburg in die Autostadt nach Niedersachsen gegangen. Allein. Ohne Vater, Mutter und seine drei älteren Schwestern. Laukart zog in ein Appartement im VfL Fußball-Internat und viele Beobachter verwundert die Augenbrauen hoch. "Jetzt werben Sie uns schon die 13-Jährigen ab", schimpfte Helmut Schulte, damals Sportchef bei den Hamburgern, und Nachwuchsleiter Joachim Philipkowski flankierte: "Dieser Weg ist nicht richtig. Der Junge wird zu früh aus dem familiären Umfeld gerissen."

Mit dem von TeBe Berlin zu 1899 Hoffenheim gewechselten Nico Franke war wenige Tage zuvor ein weiterer 13-Jähriger des Fußballs wegen quer durch die Republik gezogen. Doch während bei dessen Transfer einzig die große Entfernung zum Elternhaus kritisiert wurde, warf der Fall Laukart eine weitere Frage auf: Welche Motivation liegt dem Wechsel eines 13-Jährigen zugrunde, wenn beide Vereine über grundsätzlich ähnliche Bedingungen verfügen? Wie der VfL Wolfsburg besitzt auch der FC St. Pauli ein im vergangenen Jahr mit drei Sternen zertifiziertes Nachwuchsleistungszentrum und die dazugehörigen Standards. Alle Junioren-teams spielen in der jeweils höchsten Klasse. Viel Geld müsse da im Spiel sein, wurde gemutmaßt. Schnell war die Rede vom "Kinder-Klau", und die Empörung in der Öffentlichkeit erreichte Ausmaße, dass sich sogar der damalige VfL-Trainer Felix Magath aus dem Trainingslager in Dubai erklären musste.

Nun also das Wiedersehen, das angesichts der belasteten Vorgeschichte überraschend harmonisch verlief. Das Ergebnis sorgte für die passende Überschrift: 1:1. Schiedlich-friedlich trennten sich Laukarts alter und sein neuer Verein - der FC St. Pauli!

Alexander Laukart spielt seit dem Ende der Winterpause wieder für die Hamburger, wohnt wieder zu Hause, trifft sich mit seinen Freunden. "Er hat beim VfL regelmäßig gespielt, fühlte sich in Wolfsburg wohl und hat tolle Erfahrungen gemacht, neue Eindrücke bekommen, andere Leute kennengelernt", sagt sein Vater Waldemar. Prognosen, wonach sich die "Entwurzelung" negativ auf seine Entwicklung auswirken würde, bestätigten sich nicht. Im Gegenteil: Alexander, mittlerweile 14 Jahre alt, wäre gern beim Tabellenführer der B-Junioren Regionalliga Nord geblieben. "Er ist durch sein Jahr in Wolfsburg erwachsener geworden", findet Waldemar Laukart, der seinen Sohn an jedem Wochenende besucht hat, "aber natürlich war die Situation nicht ganz so einfach." Die Familie litt unter der Trennung, besonders für die Mutter wurde die Entfernung von 140 Kilometern zur seelischen Qual. "Das Kind merkt das ja auch und kann dann nicht frei sein. Aber meine Frau wollte gern, dass er nach Hause kommt. Jetzt ist sie wieder glücklich."

Entsprechend kurz war dann auch die Bedenkzeit, um ein verlockendes Angebot des FC Chelsea abzulehnen. Der HSV wollte das Supertalent ebenfalls, doch Familie Laukart entschied sich für einen Dreijahresvertrag bei St. Pauli. "Alexander wird hier bis zum Übergang in den Herrenbereich spielen. Mindestens. St. Pauli ist ein toller Klub, direkt vor der Haustür", sagt Laukart senior, "im Zusammenspiel mit den Fans, aber auch innerhalb des Vereins ist es wie in einer großen Familie."

Und was diese Wert sein kann, wissen mittlerweile nicht nur die Laukarts. Mit dem 16-jährigen Francis Onwuzo wechselte gleich ein zweiter ehemaliger Hamburger aus Wolfsburg zurück. Der deutsche Junioren-Nationalspieler freut sich schon auf den 2. Juni. Dann geht es mit dem FC St. Pauli in der B-Junioren Bundesliga nach Wolfsburg.