Schwere Ausschreitungen beim Spiel in Rostock. FC Hansa bittet Politik um Hilfe

Rostock. Der Tag hatte friedlich begonnen. Die Durchsuchungsaktion der Polizei am Bahnhof Altona verlief ohne Probleme, die Fans des FC St. Pauli hielten sich an die Vorgaben der Polizei, keine Glasflaschen und keine pyrotechnischen Erzeugnisse mit sich zu führen, und konnten am Sonnabendmorgen mit einer halben Stunde Verspätung die Reise nach Rostock antreten. Die Vorbereitungen der Polizei auf das Nordderby zwischen Hansa Rostock und dem FC St. Pauli hatten sich über Wochen hingezogen, insgesamt waren rund 1800 Beamte rund um das Stadion in Rostock im Einsatz. Das Ziel, die rivalisierenden Fangruppen voneinander fernzuhalten, wurde zwar weitgehend erreicht - die Fanbusse der Hamburger wurden auf dem Rückweg allerdings mit Steinen attackiert, so dass einige Fenster zu Bruch gingen. Ein Fan erlitt leichte Verletzungen. Die Auseinandersetzungen wurden dafür aber im Stadion sowie zwischen Rostocker Fans und der Polizei ausgetragen.

Das Problem: Beide Fangruppierungen stürmten knapp zwei Stunden vor dem Anpfiff ihre Blöcke, um die Sicherheitsvorkehrungen der Ordner zu umgehen. Die Polizei griff nicht ein, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Das hatte schwerwiegende Folgen.

Vor und während des Spiels flogen Dutzende Bananen auf den Platz, auch Feuerzeuge und kleine Glasfläschchen wurden von den Rängen - die Sitzplatztribünen eingeschlossen - aufs Feld geworfen. "Es war ein Fußballspiel mit sehr unschönen Begleitumständen", resümierte St. Paulis Trainer André Schubert. "Für die Spieler ist es schwierig, damit umzugehen. Es ist schon traurig, dass man sich Gedanken darüber machen muss, wie sehr man jubeln und wohin man laufen darf."

Die Situation eskalierte nach dem 1:0-Führungstreffer des FC St. Pauli in der 40. Minute, als zwei bengalische Feuer im Hamburger Block gezündet wurden. Unmittelbar danach sahen sich St. Paulis Fans einem Beschuss von Leuchtraketen und Feuerwerkskörpern ausgesetzt, die aus zwei Richtungen in den Block geschossen wurden - eine alarmierende Form rücksichtsloser Gewalt, die zum Glück ohne schwerwiegende Verletzungsfolgen blieb. Schiedsrichter Guido Winkmann traf die einzig richtige Entscheidung: Er schickte beide Mannschaften zu einer 13-minütigen Unterbrechung in die Kabine.

"Es ist traurig. Das wird wieder einen Sonderbericht geben. Aber man sollte hervorheben, dass es ein Unterschied ist, ob jemand Pyros abbrennt oder Leuchtraketen in den gegnerischen Block schießt", sagte Sportdirektor Helmut Schulte. St. Pauli droht eine Geldstrafe im fünfstelligen Bereich. Hansa Rostock muss sich auf schwerwiegendere Konsequenzen gefasst machen. Der Verein wandte sich zwei Stunden nach dem Spiel an die Öffentlichkeit und appellierte an alle gesellschaftlichen Kräfte: "Wir bitten die Verbände, die Politik und die Judikative, uns mit diesem gesamtgesellschaftlichen Problem nicht alleinzulassen", hieß es in einer Mitteilung. Gleichzeitig distanzierte sich der Klub vom Verhalten einiger seiner Anhänger und verurteilte deren Verhalten als "ernüchternd, schockierend und beschämend". Die Bilanz des Tages: zehn Verletzte, darunter acht Polizisten. Gegen 33 Randalierer wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nicht nur der tief hängende Nebel in Rostock machte diesen Tag zu einem sehr trüben.