Die Erkenntnis nach sieben Spielen: St. Pauli verfügt über eine Spitzenmannschaft, die noch Probleme mit defensiven Gegnern hat.

Hamburg. Die Überraschungen blieben weitgehend aus. "Die, die jetzt auf den ersten fünf, sechs Plätzen der Tabelle stehen, hatte ich auch genannt", verweist André Schubert auf seine vor acht Wochen aufgestellte Prognose, die noch mit einer Unbekannten versehen war. Nun, nachdem die ersten sechs Spieltage Geschichte sind und der Ball aufgrund der Länderspielpause auch in der Zweiten Liga für zwei Wochen ruht, sieht sich St. Paulis Trainer bestätigt und kann die letzte Variable auflösen: "Braunschweig ist die Überraschungsmannschaft, das ist jetzt klar. Fürth ist beeindruckend gut, Düsseldorf und Cottbus sind absolut zu beachten. Eigentlich wundert mich nur, dass Bochum noch nicht oben dran ist."

Anders als der VfL ist seine eigene Mannschaft dagegen mittendrin im Kreis der Aufstiegsanwärter. Mit 13 Punkten fällt die Bilanz trotz der ersten Niederlage am Sonntag überaus positiv aus. Dass das 0:1 in Braunschweig trotz deutlicher Dominanz nicht zu verhindern war, unterstreicht eine weitere Erkenntnis der ersten sieben Pflichtspiele. "Bis auf die Tatsache, dass wir uns vorne nicht entscheidend durchsetzen konnten, haben wir das eigentlich ganz gut gemacht", sagt Schubert und lässt Zahlen sprechen. Mehr Ecken, mehr Ballbesitz, höhere Laufleistung, "aber Statistik ist nicht alles. Wir haben verloren." Weil den Angriffen die Durchschlagskraft abging, der Zug zum Tor schon auf den ersten Metern an Fahrt verlor und das Kollektiv bei Ballbesitz zu oft zu statisch operierte.

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Bei Ballbesitz fehlt es an Tempo, Präzision und Überraschungsmomenten, wenn sich der Gegner aus einer kompakten Defensive aufs Kontern verlegt. Zu sehen am ersten Spieltag gegen Ingolstadt, als erst ein Freistoß von Fabian Boll den Bann brach. Zu erleben beim Pokalaus in Trier, als St. Pauli 75 Minuten ineffektiv anrannte und erst zwei Minuten vor dem Ende das letztlich wertlose 1:1 gegen den Regionalligisten erzielte. Auch in Braunschweig erarbeiteten sich die Hamburger trotz ihrer optischen Überlegenheit erst in der Schlussviertelstunde echte Torchancen, Kruse (76.) und Schachten (90.+2) scheiterten an Torwart Davari. "Zwei Chancen sind jetzt nicht so dramatisch viel. In vorderster Front müssen wir uns besser durchsetzen", fordert Schubert, der das aber keineswegs als Einzelkritik an seinem erneut schwachen Angreifer Mahir Saglik verstanden wissen will: "Da sind alle Offensivspieler gefragt. Wenn der Gegner kompakt steht, haben wir es schwer, Wege zu finden, um Tore zu erzielen."

St. Pauli muss sich umstellen. Nachdem in der Bundesliga zwar die Namen der Gegenspieler, aber eben auch die Räume groß waren, zieht sich die Konkurrenz in der Zweiten Liga nun wieder zurück. "Eine ungewohnte Situation im Vergleich zum letzten Jahr, wir haben kaum noch Umschaltsituationen. Aber das ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit", sagt Schubert.

Und so wird in dieser Woche weiter an der verbesserten Interpretation der neuen Rolle gefeilt, wenngleich mit dosierter Kraft. "Spielen und Regenieren ist das Motto", so Schubert, der auf eine lange Ausfallliste verweist. Neben den Langzeitverletzten Carlos Zambrano, Deniz Naki und Moritz Volz fehlen auch die an den DFB abgestellten U-21-Nationalspieler Lasse Sobiech und Patrick Funk. Max Kruse erhielt in Braunschweig einen Schlag auf das Knie, Fabian Boll muss wegen einer Oberschenkelverhärtung kürzer treten. Charles Takyi absolvierte nach seinem Sehnenriss im Fuß gestern eine Laufeinheit. Für die Tests heute um 18.30 Uhr bei Kreisligist Hansa 10/11 (Schanzenpark) und Sonnabend beim FC Winterthur kommen die Akteure allesamt nicht infrage. Anders als Marius Ebbers, der beim Schweizer Zweitligisten sein Comeback geben könnte. Gut möglich auch, dass der Angreifer auf der Suche nach neuer Durchschlagskraft zu einem entscheidenden Helfer wird.