Es hat schon Tradition: Der FC St. Pauli setzt seine Pleitenserie im DFB-Pokal fort und unterliegt bei Regionalligist Eintracht Trier mit 1:2.

Trier. Über den runden Tischen mit den blauen Plastikdecken waberten Qualmwolken und lautes Stimmengewirr, um sie herum drängelten sich 300 Menschen. Getränke wurden kreuz und quer gereicht, Siegerzigarren gequalmt. Dass man sich im VIP-Bereich des Regionalligaklubs Eintracht Trier und nicht auf einem Dorf-Schützenfest befand, wurde erst beim Blick auf die Zeltbühne deutlich. Statt eines Musikers mit Keyboard, Oberlippenbart und Lichtorgel zog dort ein Mann die Blicke auf sich, dessen Entertainment-Faktor gen null tendierte. André Schubert war tief in einen weißen Gartenstuhl gerutscht und verfolgte am Fernseher nahezu regungslos, wie sich Dynamo Dresden und Bayer Leverkusen in der Verlängerung einen offenen Schlagabtausch lieferten. 30 Minuten Extra-Spielzeit, die der Trainer des FC St. Pauli mit seiner Mannschaft eigentlich auch erreicht zu haben glaubte, ehe Triers Hauswald mit seinem Treffer in der 89. Minute zum 2:1 den großen Favoriten in einer dramatischen Schlussphase besiegt und den Hamburgern damit ein weiteres Kapitel in ihrer düsteren Pokalgeschichte beigefügt hatte.

Vor drei Jahren war St. Pauli in der ersten Runde bei Drittligist Erzgebirge Aue gescheitert (4:5 n.E.), ein Jahr darauf hatte man sich zum Auftakt gegen Oberligist FC Villingen erst in der Verlängerung mit 2:0 durchsetzen können, in der vergangenen Saison bedeutete Regionalligist Chemnitzer FC (0:1) gleich die Endstation. Das Erreichen einer dritten Runde liegt sechs Jahre zurück. Der letzte standesgemäße Favoritensieg der Braun-Weißen datiert gar vom 4. August 1990. Eine schier unglaubliche Statistik, die St. Paulis Probleme mit unterklassigen Gegnern verdeutlicht. Und jährlich grüßt das Murmeltier - diesmal in Trier.

"Wir wussten, was uns hier erwarten würde, und es ist auch alles tatsächlich so eingetreten", sagte Schubert, nachdem sein Pendant Roland Seitz es von der Kabinenparty zur Medienkonferenz verspätet aufs Podium des VIP-Zeltes geschafft hatte. Der Bundesliga-Absteiger hatte sich einem defensiv ausgerichteten Gegner gegenübergesehen, der seine Chance über schnelle Konter und Standardsituationen suchen wollte und auch bekam. Immer wieder verhedderten sich die Profis in dem von zehn Trierern geschickt gewobenen, engmaschigen Netz. "Die Aufgabe, die uns gestellt wurde, konnten wir nicht lösen", musste auch Schubert konstatieren und stellte seiner Mannschaft damit ein Armutszeugnis aus.

Seinem auf vier Positionen veränderten Team fehlte es vor allem in der schwachen ersten Hälfte an Tempo und frischen Ideen, um die nötigen Räume zu öffnen. St. Pauli dominierte erwartungsgemäß die Partie, agierte dabei aber zu statisch, zu schematisch. Die spielerischen Vorteile verpufften, da das direkte Kurzpassspiel keinen Raumgewinn brachte. Das Motto: zwei Meter vor, Querpass, drei Meter zurück. Schlimmer noch: Immer wieder schlichen sich Unkonzentriertheiten in das Passspiel ein. "Wir haben viel zu viele Bälle verloren und damit den Gegner stärker gemacht", analysierte Mittelfeldspieler Florian Bruns. Unnötige Verluste, die nicht nur beim 1:0 durch Kulabas (16.) eine weitere Schwachstelle an diesem Tag aufdeckten. Die Defensive, in den ersten beiden Ligaspielen das Fundament des Erfolgs, geriet gegen den Viertligisten zum 90-minütigen Sicherheitsrisiko.

Das Aus in Trier war keine Frage der Einstellung, es war eine Frage der Qualität, die den Hamburgern auch im gegnerischen Strafraum abging. Als das spielerische Konzept zur Schlussoffensive über Bord geworfen wurde, erspielte man sich zwar endlich Chancen, doch Max Kruse (78.), Mahir Saglik (79.), Jan-Philipp Kalla (81., 86.), Marius Ebbers (83.) und Dennis Daube (87.) scheiterten an Poggenborg, der Torlatte oder den Nerven. Dass ein Schuss von Saglik zwei Minuten vor dem Ende dann doch den Weg ins Tor fand, St. Pauli es aber gegen die nun eigentlich demoralisierte Eintracht trotzdem nicht schaffte, das 1:1 in die Verlängerung zu retten, war dann die eigentliche Blamage. "Grausam", stammelte Bruns, "in der Kabine waren alle nur noch sprachlos. Wir müssen uns jede Kritik gefallen lassen." Bis zum nächsten Jahr.

Trier: Poggenborg - Cozza, Stang, Hollmann, Drescher - Karikari, Herzig - Kraus (82. Knartz), Kuduzovic (63. Pagenburg), Hauswald - Kulabas (90. Zittlau).

St. Pauli: Pliquett - Rothenbach, Thorandt, Sobiech, Kalla - Boll (70. Hennings) - Schachten (46. Bartels), Kruse, Ebbers, Bruns (58. Daube) - Saglik.

Tore: 1:0 Kulabas (16.), 1:1 Saglik (88.), 2:1 Hauswald (89.). Schiedsrichterin: Steinhaus (Hannover). Z.: 8457. Gelb: Hauswald, Kraus - Kruse, Kalla.