Im März erlitten die Hamburger bei der Eintracht den entscheidenden Rückschlag im Abstiegskampf, jetzt treffen sie sich in Liga zwei wieder.

Hamburg. Wenn sich die Profis des FC St. Pauli an diesem Sonntag in ihrem Mannschaftsbus auf den Weg in Richtung Hessen machen, beginnt für sie nicht nur die Reise zum Spitzenspiel bei Eintracht Frankfurt (Mo., 20.15 Uhr/Sport 1). Für viele der Spieler ist es auch eine Reise in die jüngere und zugleich schmerzhafte Vergangenheit. Fast auf den Tag genau vor vier Monaten, am 19. März 2011, verpasste der Kiezklub nämlich mit dem 1:2 gegen eine desolate Eintracht die große Chance, vielleicht doch noch die Wende im Kampf gegen den Abstieg aus der Bundesliga einzuleiten.

"Wir haben sie wieder aufgebaut", erinnert sich Markus Thorandt, der damals zur tragischen Figur des Spiels wurde. In der 77. Minute rutschte St. Paulis Innenverteidiger aus und ermöglichte Frankfurts Theofanis Gekas so den Siegtreffer. Man kann trefflich darüber streiten, wann genau die Zeichen für den Kiezklub auf Abstieg standen. So mancher Beobachter meint ja sogar, dass dies schon mit dem Derbysieg gegen den HSV der Fall gewesen sei. Doch nach den vier folgenden und noch zu verschmerzenden Niederlagen gegen Dortmund, Hannover, Nürnberg und Stuttgart bedeutete die Pleite beim direkten Konkurrenten Frankfurt in jedem Fall den Anfang vom Ende aller Hoffnungen auf den Ligaverbleib.

St. Pauli hatte sich so viel vorgenommen für die Partie gegen die zuvor neunmal sieglosen Hessen, bei denen sogar Spieler im Training handgreiflich geworden waren. Und dann das. Ausgerechnet Gekas, der schon beim ebenso unnötigen 1:3 im Hinspiel am Millerntor einen Doppelpack geschafft hatte, erzielte wieder beide Treffer. Thorandt persönlich hatte noch vor seinen Qualitäten gewarnt.

Da letztlich auch die von St. Pauli gestärkte Eintracht den Gang in die Zweite Liga antreten musste, gibt es nun immerhin eine kurzfristige Möglichkeit zur Revanche. An seinen Ausrutscher will Markus Thorandt jedoch keinen Gedanken mehr verschwenden. "Klar weiß ich das noch, aber das Thema ist für mich durch. Ich gehe nicht anders in eine Partie, nur weil etwas in einem bestimmten Stadion passiert ist", sagt der 30-Jährige, der beim 2:0 zum Zweitliga-Auftritt gegen den FC Ingolstadt mit Neuzugang Lasse Sobiech ein stabiles Duo im Abwehrzentrum bildete.

Spurlos vorübergegangen ist die Endphase der vergangenen Saison an dem gebürtigen Bayern dennoch nicht. Er habe sich unbewusst schon so seine Gedanken gemacht, berichtet Thorandt. Am Strand der Seychellen zum Beispiel, wo er mit seiner Frau Tina auf Hochzeitsreise war, gingen ihm die Geschehnisse noch einmal durch den Kopf. Der auch aus seiner Sicht vermeidbare Abstieg ärgert ihn noch immer. Dennoch geht der Blick nach vorn: "Es bringt ja nichts, wenn du immer weiter darüber nachdenkst", sagt er. Eine Einstellung, die auch seine Mannschaftskollegen in sich aufgenommen zu haben scheinen. Bereits in der Vorbereitung präsentierten sich die Kiezkicker mit neuem Elan, von Abstiegsdepression war keine Spur.

Wie schnell sich die Stimmung wandeln kann, erfuhr am vergangenen Wochenende auch die Frankfurter Eintracht. Nach den massiven Fanprotesten der vergangenen Saison, die auch zur Teilsperrung des Stadions für das Spiel gegen St. Pauli führten, konnte man sich leicht ausmalen, was passiert wäre, wenn das Team des ehemaligen HSV-Trainers Armin Veh kurz nach der Pause in Fürth den dritten Gegentreffer kassiert und das Spiel dann wohl klar verloren hätte. So drehte der Topfavorit, bei dem Gekas nur zu einem Kurzeinsatz kam, noch die Partie und wurde von den Fans nach dem 3:2 gefeiert als wäre in der Vorsaison nichts passiert.

Vergleichbare Probleme mit den eigenen Anhängern kennen St. Paulis Profis nicht. Selbst nach zwölf Spielen ohne Sieg zum Saisonende blieben diese ihrer Mannschaft gesonnen. Die große Erleichterung, die auch Thorandt nach dem eigenen Auftaktsieg gegen Ingolstadt spürte, war daher nicht auf einen immensen Druck von außen zurückzuführen. Der Erfolg bedeutete eher die Erlösung nach einer langen Durststrecke. "So ein positiver Start ist immer wichtig, weil man vorher nie weiß, wo man steht", meint Thorandt, der das Duell der Absteiger nun mit seinen Teamkollegen selbstbewusst angehen kann. Ein neuer Anfang ist geschafft, das Ende noch lange nicht absehbar.