Mit der Kapitänsbinde am Arm gelingt dem 32-Jährigen sein erster Doppelpack als Profi

Lübeck. Gefühlte 100-mal habe er in Lübeck auf der Lohmühle bereits gespielt, hatte Fabian Boll am Tag vor dem Spiel erzählt und sich trotz St. Paulis und damit auch seiner katastrophalen Bilanz der vergangenen Jahre auf Stadt und Stadion gefreut. "Ich bin dort immer gern hingefahren", so der Bramstedter, dessen gute Stimmung diesmal die 90 Minuten überstand. Mehr noch. Der Sieg gelang dank seiner zwei Tore, dem ersten Doppelpack als Profi. Boll ließ den Auftakt im Alleingang zur Eröffnungsparty werden.

Mit seinem Treffer zum 1:0, als er einen von Metzelder an ihn verursachten Freistoß 17 Meter vor dem Tor direkt verwandelte, geriet der Kommissar zum Widerholungstäter. Vor einem Jahr hatte der Beamte am ersten Spieltag in Freiburg sieben Minuten vor dem Ende das wichtige 1:1 erzielt und damit die Voraussetzungen zum späten 3:1-Auswärtssieg gelegt. "Der erste Spieltag scheint mir zu liegen", erinnerte sich auch Boll an 2010. Die Huldigungen der Fans, die bei den folgenden Freistoßsituationen seinen Namen skandierten, nahm er etwas irritiert zur Kenntnis: "Das war sehr schön, aber ungewohnt, ich habe mich fast schon geschämt", bekannte der seit 2002 für den Stadtteilklub auflaufende Mittelfeldspieler, ging dann aber gewohnt humorvoll in die Analyse: "Der Trainer hat gesagt, es könne sein, dass er mich mal fünf Minuten vorne reinschmeißt. Das war doch ein gelungenes Bewerbungsschreiben", so der vermeintlich verkannte Stürmer mit der Kapitänsbinde am Arm, "ich bin jahrelang falsch eingeschätzt worden."

Die Kollegen folgten dem Chef: "Er ist unser Torkönig", gab Deniz Naki mit gespieltem Ernst zu Protokoll, während Jan-Philipp Kalla bereits Vergleiche mit dem erfolgreichsten Angreifer im Kader anstellte: "Noch 87 Treffer, dann hat er Marius Ebbers eingeholt." St. Pauli in Partylaune. Alle wussten, wer dafür gesorgt hatte.