Die Angreifer Marius Ebbers und Mahir Saglik sollen den FC St. Pauli mit ihren Toren schnell zurück in die Erste Bundesliga schießen.

Schneverdingen. "Im Urlaub gewesen, gelandet, Vertrag unterschrieben, ins Trainingslager gefahren." Mahir Saglik, Neuzugang des FC St. Pauli, beschränkt sich bei der chronologischen Aufarbeitung der vergangenen Tage auf Wesentliches. Gestern trainierte er erstmals mit den neuen Kollegen in Schneverdingen. Und wo so mancher Profi bei dem Wechsel in eine neue Stadt, in ein nahezu völlig unbekanntes Umfeld eine Eingewöhnungszeit in Anspruch nimmt, ist der 28-jährige in Paderborn geborene Türke bereits angekommen. Akklimatisierungsprobleme? "Kenne ich nicht." Wohnungssuche? "Das geht schnell", sagt er und winkt desinteressiert ab. Wichtig seien für ihn nur zwei Dinge: "Ich will endlich wieder kicken - und knipsen."

Fußball spielen und Tore schießen. Wer sich mit dem 178 Zentimeter kleinen Angreifer unterhält, merkt schnell, dass er einen Vollblutstürmer vor sich hat. Jahreszahl, Verein, Torausbeute. Ein Dreiklang, den er beherrscht. 2007, Saarbrücken, 15 Tore. 2008, Wuppertal, 27 Tore. Er rattert durch die Jahre. Und das in einem Level für Fortgeschrittene. Saglik wechselte während seiner acht Profijahre fast halbjährlich den Verein. "Es gab immer Gründe", sagt er fast entschuldigend. Sportliche Abstiege und chaotische Zustände bei seinen Klubs. Oft fehlte auch schlichtweg das Geld, den Leihspieler aus Wolfsburg, wo er mit Edin Dzeko und Grafite zwei Hochkaräter vor sich hatte, zu verpflichten.

Nun also das zwölfte Kapitel. Beim FC St. Pauli möchte er wieder seinen zwei Leidenschaften nachgehen, die ihm zuletzt verwehrt blieben. Beim VfL Bochum schaute er meist von der Ersatzbank zu, wie die anderen kickten und knipsten. Und wenn er doch mal mitspielen durfte, beschränkte sich die Einsatzzeit auf wenige Minuten, oder er musste auf die ungeliebte Position des Flügelstürmers ausweichen. "Das war eigentlich nicht so besprochen. Mir ist egal, ob ich ganz vorne drin spiele oder hängend. Hauptsache zentral!" Worte, die wie ein Flehen klingen.

Marius Ebbers versteht sie. "Wir werden offensiv sehr flexibel sein", sagt er, "und ich mag es ja ganz gerne, mich auch mal fallen zu lassen." Taktische Varianten, die der Stürmer 2011 nur in der Theorie durchspielen konnte. Ebbers, im Aufstiegsjahr 2010 mit 20 Toren noch St. Paulis umjubelter Serientäter, wurde fallen gelassen. Trainer Holger Stanislawski setzte auf Gerald Asamoah. Ebbers fiel nach gelungenem Rückrundenauftakt mit einer Bauchmuskelzerrung aus. "Dann lief es ja in der Mannschaft sehr gut, da gab es keinen Grund zum Wechseln", weiß er, "aber auch im letzten Drittel, als wir kein Spiel mehr gewannen, habe ich keine Chance bekommen und auch keine Erklärung gekriegt. Vielleicht hätte ich selbst das Gespräch suchen sollen."

Wer nicht spielt, macht sich Gedanken, grübelt, beginnt Dinge zu hinterfragen. Natürlich sei das keine einfache Zeit gewesen, sagt Ebbers. Und auch Saglik sagt: "Ja, ich musste in den sauren Apfel beißen." Eine Zeit der unfreiwilligen Ruhe, der nun in dreieinhalb Wochen endlich wieder der Sturm folgen soll. Die Wertschätzung, die der neue Chefcoach André Schubert seinen zwei "Angreifern" entgegenbringt, stimmt hoffnungsvoll. "Es ist schön, wieder einen Trainer zu haben, der mir vertraut", sagt Saglik, der 2009/2010 mit 15 Treffern ein gutes Zweitligajahr unter Schubert in Paderborn hatte. Ebbers, Mitfavorit auf das Amt des Mannschaftskapitäns, war Schuberts erster Gesprächspartner beim Trainingsauftakt vor acht Tagen. Zufall? "Wir merken gerade als Mannschaft, dass uns der Trainerwechsel gut tut", findet der 33-Jährige, der zu den erfolgreichsten Zweitligastürmern der Vereinsgeschichte (siehe Infokasten) gehört: "Stani ist ein super Trainer. Aber der neue Input wirkt sich positiv aus. Ich freue mich riesig auf die Saison."

Wie Schubert konkret spielen lassen will, beginnt sich erst abzuzeichnen. Mit einem, zwei oder gar drei Angreifern? Beide zucken mit den Schultern. Ausgeschlossen scheint dagegen, dass der sportliche Konkurrenzkampf wie in der vergangenen Saison mit Gerald Asamoah ("Ebbers und ich können nicht zusammenspielen!") über das normale Maß hinausgeht. "Ich habe ihn vor einem Jahr auf Mallorca im Urlaub selbst angesprochen. Er ist ein super Techniker", sagt Ebbers über Saglik, der hofft, nach seiner Odyssee durch die deutsche Fußballlandschaft angekommen zu sein und bald deutscher Staatsbürger wird. "Ich will bei St. Pauli sesshaft werden", sagt einer, der weiß, was dafür nötig ist: kicken und knipsen.