Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Die Zeit heilt alle Wunden. Die Mannschaft des FC St. Pauli hatte einige. Den sportlichen Abstieg als Tabellenletzter zurück in die Zweite Liga. Die sieglose Zeit seit dem 16. Februar. Der Abschied von Holger Stanislawski, für viele Trainer, Vertrauter, Vaterfigur und Freund zugleich. Auch mit Sportchef Helmut Schulte gab es Missverständnisse.

Die Verpflichtung eines neuen Trainers mag die Ungewissheit bei manchem Spieler weiter gesteigert haben. Leistungsträger wie Matthias Lehmann kehrten dem Millerntor den Rücken, Integrationsfiguren wie Timo Schultz und Florian Lechner traten ab oder wurden aussortiert. Viele Probleme, viele Wunden - nur Zeit hatten sie in diesem Sommer nicht. Zwischen Saisonende und -beginn liegen 62 Tage. Neun Wochen, um einen kompletten Umbruch zu vollziehen und die Tiefschläge der Vergangenheit zu verdauen.

Umso erstaunlicher ist das Bild, das die Mannschaft in den Tagen von Schneverdingen abgibt: strebsam, ehrgeizig, auf die Aufgabe fokussiert. Leistungsbereitschaft nennt der nicht zu beneidende neue Verantwortliche André Schubert den auffälligsten Charakterzug seiner Mannschaft. Da wird gescherzt, geflachst - und konzentriert gearbeitet. Lust, Spaß und Ehrgeiz sind zurückgekehrt. Ein erster Verdienst des neuen Trainers.

Anlass zu früher Aufstiegseuphorie gibt das allein noch nicht. Der Umbruch war groß, das Trainingslager ist einen Tag alt. Was dieser Verein, der nebenbei noch seine Infrastruktur umkrempelt, jetzt braucht, ist Ruhe. Und Zeit, um neue Strukturen und Hierarchien greifen zu lassen.