Der FC St. Pauli trifft nach einem Kurztrainingslager auf Kaiserslautern - den Mitaufsteiger, der vieles besser machte als die Hamburger.

Kaiserslautern. Gerd Wolter ist bei jedem Heimspiel dabei. 20 Jahre lang hat der Mann mit den grauen Resthaaren und der prägnanten, braun umrandeten Brille als Zeugwart für den 1. FC Kaiserslautern gearbeitet, mittlerweile verfolgt er die Spiele der Roten Teufel als Rentner von der Tribüne. Er sei positiv überrascht vom Saisonverlauf, sagt er. "Ich dachte, wir müssten bis zum letzten Spieltag zittern." Vor dem heutigen Duell gegen den FC St. Pauli (20.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) hat Lautern fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Ein Sieg gegen den Kiezklub würde endgültig den Klassenerhalt bedeuten, wenn Wolfsburg parallel nicht in Bremen gewinnt. Abstiegsängste sind in der mit dem FCK eng verwobenen Region der Vorfreude auf eine weitere Saison in der Bundesliga gewichen.

Ganz anders die Stimmung beim Gegner aus Hamburg, für den Wolter gestern als ehrenamtlicher Platzwart des FCK-Nachbarklubs VfR Kaiserslautern das Trainingsgrün präparierte. Nach der Niederlage gegen Bremen scheint die Lage für St. Pauli angesichts des schweren Restprogramms mit weiteren Partien gegen den FC Bayern und Mainz 05 sowie aktuell drei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz aussichtslos. Dennoch will Trainer Holger Stanislawski nichts unversucht lassen und ließ seine Mannschaft am Mittwochnachmittag zu einem Kurztrainingslager in die Pfalz reisen. Wobei man anders als in der Vorbereitung das Wort Training nicht überbewerten sollte. Das Team sollte sich vielmehr in Ruhe auf das Abstiegsendspiel auf dem Betzenberg einstimmen können.

Nachdem die erste geplante Einheit am Mittwochabend Turbulenzen im Luftverkehr zum Opfer gefallen war, drehte die Mannschaft erst gestern Nachmittag die ersten Runden. Ganze elf Zuschauer interessierten sich neben Wolter für das Geschehen auf der Anlage des Bezirksklassenvereins am Erbsenberg. Weniger als einen Kilometer Luftlinie entfernt übte zeitgleich der Gegner auf dem Betzenberg vor mehr als zehnmal so vielen Fans auf einem Nebenplatz des Fritz-Walter-Stadions. Lauterns Spieler hatten dabei sichtlich Spaß. "Wir haben uns eine gute Ausgangsposition für die letzten drei Spiele erarbeitet, müssen nicht auf andere schauen", zeigt sich Ex-Juniorennationalspieler Christian Tiffert selbstbewusst. "Wir befinden uns auf einem guten Weg, unser Ziel von 40 Punkten zu erreichen." Ein Ziel, das auch St. Pauli hatte, das für den Kiezklub mittlerweile aber unerreichbar geworden ist.

Zwei Aufsteiger, zwei Gefühlswelten. Dabei lief auch bei Kaiserslautern längst nicht alles glatt in dieser Saison. Gleich zweimal blieb der FCK sieben Spiele in Folge ohne Sieg, hinzu kam das Wechseltheater um den mit 14 Treffern erfolgreichsten Torschützen Srdjan Lakic, der sich bereits mit einem Trikot seines künftigen Vereins VfL Wolfsburg ablichten ließ. Liebling der Fans ist der Kroate, der zuletzt auch das entscheidende 1:0 für Lautern in der Partie bei Schalke 04 erzielte, dennoch geblieben. "An dem Foto war doch nur der Dieter Hoeneß schuld", meint Platzwart Wolter. Lakic habe immer alles für den FCK gegeben - und eben getroffen. Anders als St. Paulis Offensive, in der es Gerald Asamoah als bester Torschütze auf bislang sechs Tore brachte.

Trainer Stanislawski hat weitere Unterschiede zwischen den Aufsteigern ausgemacht. "Lautern war ein wenig mehr vom Verletzungspech verschont", sagt der Coach. "Außerdem waren sie einen Tick konsequenter in der einen oder anderen Situation, die Punkte gebracht hat. Es gibt viele Spiele in dieser Saison, in denen wir Punkte liegen gelassen haben. Außerdem waren wir nicht in der Lage, gute Phasen zu verlängern und schlechte schnell wieder zu beenden."

Seit neun Spielen warten die Braun-Weißen mittlerweile auf einen Sieg. Hoffnung macht, dass Kaiserslautern in dieser Saison nicht die gewohnte Heimstärke zeigt, mehr als die Hälfte seiner Punkte auswärts sammelte. "Zu Hause haben wir zu wenige Siege eingefahren und zu oft unentschieden gespielt. Da hätten unsere Fans mehr verdient gehabt", meint Tiffert. Die letzten vier Spiele am Betzenberg gegen St. Pauli gingen allerdings mit 3:0, 4:1, 2:0 und 5:1 an den FCK. Kein Wunder, dass dessen Anhänger fest mit einem Sieg rechnen, der gleichzeitig St. Paulis Chancen auf den Klassenerhalt endgültig gen null tendieren lassen würde. "Es wäre wirklich schade, wenn St. Pauli absteigt", meint Gerd Wolter. "Aber im Endeffekt hätten sie das Ding doch selbst verspielt."

Kaiserslautern: Trapp - Petsos, Abel, Rodnei, Jessen - Tiffert, Kirch, Moravek, Hlousek - Hoffer, Lakic

St. Pauli: Pliquett - Lechner, Thorandt, Eger, Gunesch - Daube, Lehmann - Bartels, Takyi, Kruse - Asamoah