Hamburg. Helmut Schulte erscheint mehr als die akademische Viertelstunde zu spät zum Termin. "Wichtige Gespräche", entschuldigt er sich und fügt schnell hinzu: "Ich werde nicht sagen, mit wem ich gesprochen habe."

Der Sportliche Leiter des FC St. Pauli führt derzeit viele Gespräche. Mit potenziellen neuen Trainern, neuen Spielern und mit denen, die derzeit im Verein angestellt sind. Keine leichte Aufgabe, denn die ungeklärte Trainerfrage bremst die Kaderplanung für die neue Saison. "Unsere Mühlen mahlen langsam", gibt Schulte zu. Ein neuer Trainer, der laut Schulte vom Präsidium und ihm selber gesucht wird, muss auf allen Ebenen, also auch vom Aufsichtsrat abgesegnet werden. Das sei etwas altmodisch, aber ein Prinzip des Vereins. Dadurch sind die Möglichkeiten, mit eventuellen Neuzugängen zu verhandeln, stark eingeschränkt. "Je schneller wir einen Trainer finden, desto besser. Es wäre wünschenswert, dass der neue Trainer bei Spielerverpflichtungen schon mitredet."

Doch es geht nicht nur um Neuverpflichtungen, sondern auch um verdiente Spieler des derzeitigen Kaders. "Wir wollen alle Stammspieler halten", sagt Schulte und meint damit die 16 Spieler mit den meisten Einsätzen. "Das könnte schwierig werden, wenn wir die Klasse nicht halten." Klar ist, dass Bastian Oczipka, Gerald Asamoah und Thomas Kessler den Verein verlassen, wenn der Abstieg nicht noch verhindert wird. Auch Carlos Zambrano, dessen Vertrag auch für die Zweite Liga gilt, hat Schlupfwinkel in seinem Kontrakt stehen, die ihm andere Perspektiven ermöglichen. Max Kruse kann selbst entscheiden, ob er beim FC St. Pauli bleibt oder nicht, kündigte aber an in der Bundesliga spielen zu wollen. Die gute Nachricht: Laut Schulte gibt es für Matthias Lehmann bislang kein offizielles Angebot eines anderen Vereins. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Mannschaft und der Trainerstab zur neuen Saison stark verändern werden. Es steht ein sportlicher Umbruch bevor, insbesondere dann, wenn die Zukunft Zweite Liga heißt.

Von der sportlichen Veränderung weitgehend unberührt bleibt das Hauptziel des Vereins bestehen: Die Etablierung unter den Top-25 Vereinen in Deutschland. Der mögliche Abstieg käme zwar früh, doch die gefestigten Strukturen des Vereins werden daran nicht zerbrechen. Der Klub ist wirtschaftlich auf die Zweite Liga vorbereitet - und macht sogar einen Schritt nach vorne. "Der Zweitliga-Etat läge bei rund 24 Millionen Euro", sagt Geschäftsführer Michael Meeske. Das wären zwar 16 Millionen Euro weniger als in der derzeitigen Bundesliga-Saison, aber fast ein Drittel mehr als in der letzten Spielzeit im Unterhaus 2009/2010. Die größten Verluste müsste der Verein durch die geringeren TV-Einnahmen verkraften, die Verträge mit den wichtigsten Sponsoren sind jedoch langfristig angelegt und werden lediglich "angepasst", wie Meeske erläutert. Auch in der neuen Spielzeit machen die Einnahmen aus dem Sponsoring rund 40 Prozent des Etats aus. Zudem verlängern sich die meisten Verträge im Hospitality-Bereich. Der Verein hatte mit 25 Prozent Kündigungen im Businessbereich zum 31. März kalkuliert, letztlich haben weniger als 20 Prozent der Kunden ihren Platz aufgegeben. "Unsere Struktur funktioniert auch in der 2. Liga", sagt Meeske. Diese beinhaltet unter anderem das Prinzip der Erfolgsbeteiligung. Alle Angestellten des Vereins müssen im Falle des Abstiegs mit einer Gehaltsreduzierung rechnen, dafür müssen aber keine Stellen gestrichen werden. Zudem werden Investitionen in Projekte, die langfristig Einsparungen bringen könnten, kurzfristig aber keinen Ertrag für den sportlichen Bereich beisteuern, auf Eis gelegt.

Auch der nächste Schritt vom Projekt Stadionausbau ist nicht in Gefahr. "Wir haben von Anfang an so kalkuliert, als würden wir langfristig in der Zweiten Liga spielen", sagt Meeske. "Es ändert sich nichts an den Fakten. Das heißt aber auch, dass wir Finanzierungshilfen einer Bank brauchen."

Die Finanzierung eines neuen Funktionsgebäudes am Trainingszentrum an der Kollaustraße sei laut Meeske als Bundesligaklub zwar einfacher, aber auch in der Zweiten Liga realisierbar. Dass der Um- und Neubau nicht bereits begonnen hat, wie es ursprünglich geplant war, begründet Schulte, der das Projekt betreut, mit den Verzögerungen, die es schon beim Bau des Rasen- und Kunstrasenplatzes gegeben hatte. Und das finale Okay von der Vereinsspitze fehle noch. "Aber irgendwann wird der Bagger kommen", sagt Schulte. Die Mühlen mahlen langsam beim FC St. Pauli. Aber sie mahlen stetig.