Vor dem heutigen Spiel gegen Schalke 04 verstärkt St. Paulis Trainer Holger Stanislawski das Gemeinschaftsgefühl - sogar mit Pullovern.

Hamburg. Sie haben fünf Spiele verloren, der Trend zeigt in Richtung Zweite Liga. Sie haben keine Heimstärke entwickeln können, der letzte der vier Saisonsiege am Millerntor datiert vom 12. Februar. Sie haben fünf verletzte Abwehrspieler, und mit dem FC Schalke 04 stellt sich heute (20.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de ) der einzige deutsche im Europapokal verbliebene Klub und DFB-Pokalfinalist vor. Doch sie stehen immer noch auf Tabellenplatz 16, und die Verantwortlichen beim FC St. Pauli versprühen einen Optimismus, der überzeugend wirkt. "Wir werden gewinnen", sagt Helmut Schulte wie selbstverständlich. Der Sportchef vertraut auf das Gemeinschaftsgefühl im Lager der Braun-Weißen. Jene emotionale Komponente, die sein Trainer vor der Partie noch stärker als sonst herausgearbeitet hat.

Das Kollektiv. Ein komplexes und sensibles, aber trotz des Negativlaufs intaktes, funktionierendes Gebilde, das seit Jahren die große Stärke der St. Paulianer bedeutet. "Wir sind der krasse Außenseiter, von den Einzelspielern her ist Schalke übermächtig", weiß Stanislawski, "aber es ist ein Abendspiel mit Flutlicht, Dom und einer herrlichen Atmosphäre, die wir auch hoffentlich nach dem Spiel im Stadtteil haben werden." Im Stadtteil. Stanislawski holt alle mit ins Boot. Mannschaft, Funktionsteam, Fans, sogar die Anwohner. "Das ist unser Stadion, und das müssen wir jetzt bis zum Saisonende zeigen. Die Jungs werden 90 Minuten marschieren, bis sie die Augen nach hinten klappen." Der Trainer hat ein Bündnis geschmiedet. Mit allen Mitteln, allen zur Verfügung stehenden Kräften soll der erstmalige Absturz auf den ersten direkten Abstiegsplatz verhindert werden. Kampf und Leidenschaft werden über Gebühr in die Waagschale geworfen. Es ist ein Bündnis gegen Platz 17, das auch optisch zur Schau getragen wird.

Stanislawski hat dafür eigens Pullover bedrucken lassen: Kapuzensweater aus braunem Stoff mit weißem Totenkopf auf der Brust und einem eingängigen Rückenaufdruck: "Ein Verein, Eine Mannschaft, Ein Ziel = 1. Bundesliga". Das gesamte Team, ob Funktionär, Kaderspieler oder Tribünenhocker wird heute das Kleidungsstück tragen, wenn es mit dem Bus vom Maritim Hotel ins Stadion geht. Anders als gewöhnlich sind nicht nur die 18 für die Schalke-Partie berufenen Spieler bei der Abschlussbesprechung mit dabei. Für den gestrigen Abend war zudem ein gemeinsamer Kinobesuch geplant. Stanislawski schweißt alle zusammen, hat seine Profis in einem langen Monolog auf den Endspurt eingeschworen, Trainingsintensität erhöht, -abläufe strukturiert und an den Zusammenhalt appelliert. Möglichen Störenfrieden sagt er den Kampf an. "Wir sind 'ne kleine Gang. Und wer meint, in diesen großen, runden Käse von Frau Antje Löcher machen zu müssen, der bekommt von mir einen Arschtritt. Noch können wir das Ziel aus eigener Kraft erreichen."

Lediglich für 50 Minuten, bis Georg Niedermeier am 27. Spieltag in der Schlussminute für Stuttgart das 1:1 gegen Wolfsburg erzielte, stand St. Pauli auf dem 17. Rang. Und das soll auch so bleiben. Den jüngsten Pleiten und allen Verletzungsproblemen zum Trotz lebt Stanislawski den Spielern den Glauben an den Klassenerhalt vor: "Ich beschäftige mich nicht mit dem Gang in die Zweite Liga, weil ich überzeugt bin, dass die Mannschaft es schafft. Die Verletzungen interessieren nicht. Hätte, Wenn und Aber ist etwas für Verlierer."

Als Motivator hat er alles dafür getan, dass er und sein Team am Ende nicht dazugehören werden. Heute sind die Spieler am Zug. "Von dem einen oder anderen erwarte ich Herausragendes", sagt Stanislawski, "jetzt gilt es, die Handbremse zu lösen und ans Leistungslimit zu kommen. Wir wollen die Kurve mit einem Dreier wieder in die richtige Richtung lenken."