Peter Neururer über die Lage im Abstiegskampf und seine Sympathien für den FC St. Pauli. “36 Punkte reichen zum Klassenerhalt“, sagt er.

Hamburg. "Der Abstiegskampf beginnt ab dem zehnten Tabellenplatz. Sollte Schalke am Sonntag in Leverkusen gewinnen, haben sie es geschafft. "Aber die anderen acht Klubs werden bis zum Schluss um den Klassenerhalt kämpfen", ist sich Peter Neururer sicher. Der 55-Jährige muss es wissen. Neururer kennt den Abstiegskampf in der Bundesliga wie kaum ein anderer.

Acht Spiele vor dem Saisonende. Es ist die Zeit, in der Neururer viele seiner insgesamt 15 Trainerstationen antrat. Immer dann, wenn die Klubs ihre Saisonziele akut gefährdet sahen, kam der gebürtige Marler als Feuerwehrmann ins Spiel. Doch obwohl aktuell die halbe Liga um den Verbleib zittert, blieben die Anrufe 2011 bislang aus. Schlusslicht Borussia Mönchengladbach tauschte am 14. Februar Michael Frontzeck gegen Lucien Favre, beim Tabellenvorletzten VfL Wolfsburg war Co-Trainer Pierre Littbarski eine Woche zuvor an die Stelle des entlassenen Chefcoachs Steve McClaren gerückt. Seitdem herrscht Ruhe. "Ich würde gern wieder irgendwo arbeiten. Wenn ich länger als eine Woche nichts mit Fußball zu tun habe, drehe ich am Rad. Aber entweder die Vereine treffen jetzt noch eine Entscheidung oder gar nicht mehr", rät Neururer mit Blick auf die entscheidenden Wochen. Ruhe und Besonnenheit seien wichtige, möglicherweise entscheidende Tugenden im Kampf um den Klassenerhalt.

Kleinigkeiten entscheiden das enge Rennen, glaubt Neururer, der Kaiserslautern und St. Pauli leicht im Vorteil sieht. "Anders als der Rest sind sie auf diese Situation vorbereitet. Für die Aufsteiger geht es seit dem 1. Spieltag um den Klassenerhalt. Das ist ein moralischer Vorsprung." Und nicht der einzige Grund, weshalb es die namhafte Konkurrenz schwer hat. "Mich würde mal interessieren, ob die Profis auf Schalke, in Bremen, Wolfsburg oder Stuttgart auch Verträge für die Zweite Liga haben. Ich unterstelle keinem, dass er absichtlich verliert, aber ich habe als Trainer selbst erlebt, dass am Saisonende ablösefreie Profis durchaus eine andere Einstellung haben können als andere." St. Pauli kämpft mit anderen Problematiken: "36 Punkte müssten bei so vielen involvierten Klubs eigentlich reichen. Aber es wird wahnsinnig schwer. Die vielen Verletzten sind das Schlimmste. Fin Bartels hat Sonntag zwar einen unglaublichen Rechtsverteidiger gespielt. Doch wenn sich die verbliebenen Abwehrspieler jetzt noch Sperren einhandeln, wird es ganz bitter."

Dass seine Sympathien im Abstiegskampf den Hamburgern gelten, ist nicht zu überhören. "Ich hoffe inbrünstig, dass es St. Pauli schafft. Der Fußball wird dort genau so intensiv gelebt wie bei uns im Ruhrgebiet, aber die Leute interpretieren das Ganze anders. Da wird nicht gepfiffen. Diese Symbiose aus Trainer, Mannschaft und Publikum ist einmalig, die Entwicklung des ganzen Vereins ein Vorzeigemodell. Bis auf drei, vier Spiele hat St. Pauli die gesamte Saison am Optimum gespielt."

Neururer glaubt an St. Pauli und erwartet ein spannungsgeladenes Finale. "Mir schwebt ein Szenario vor wie 1999." Damals war der 1. FC Nürnberg nach dramatischen letzten Minuten am 34. Spieltag noch von Rang zwölf auf Abstiegsplatz 16 abgerutscht.