Eine Glosse von Alexander Laux

Um zu verstehen, was sich am Sonnabend auf der braunen Wiese im Millerntor-Stadion zwischen St. Paulis Matthias Lehmann und dem Mönchengladbacher Igor de Camargo abspielte, muss ein Ausflug von der Sport- in die Tierwelt gestattet sein. Nashörner tun es, Hirsche, Ziegen und sogar Schnecken: Schädel gegen Schädel, Auge an Auge wird da vor- und zurückgeschoben, was das Zeug hält, um die Dominanzkämpfe auszutragen.

Insofern haben Lehmann und de Camargo instinktiv etwas ganz Natürliches getan, wobei sich bei den Fußballern eine andere Variante durchgesetzt hat. Während bei den tierischen Rivalen im Zweifel der Sturkopf mit dem dicksten Schädel gewinnt, muss bei den Profis derjenige klein beigeben, der sich zu einem Kopf-an-Kopf-Duell provozieren lässt, während das Gegenüber flugs in die Rolle des Opfers schlüpft und schreiend seinen (Schiedsrichter-)Papa um Hilfe ruft.

Winkt den Geweihträgern zumeist das erfolgreiche Erobern oder Verteidigen von Revieren - oder die Gunst der Frauen -, wird bei Rangelspielchen innerhalb der Gattung des gemeinen Fußballers der Unterlegene in der Regel mit einem Platzverweis belegt. Ein häufig beobachtetes Phänomen ist, dass der siegreiche Kontrahent seinen Triumph noch dadurch verstärken will, indem er wie ein Pfau mit seinen Heldentaten prahlt. Ein Verhalten, das ihn auf eine Stufe mit seinen tierischen Vorbildern stellt, die einen Begriff wie Fairness nicht kennen. Lehmann sollte nachträglich der Zugang zum geliebten Gehege für einige Zeit verwehrt bleiben.