Trotz holprigen Platzes will der FC St. Pauli die Mönchengladbacher im Abstiegskampf mit spielerischen Mitteln distanzieren.

Hamburg. Die Mannschaft ist in diesem Jahr noch ungeschlagen, doch auch die Medienabteilung des FC St. Pauli hat einen Lauf. Die Titel der Stadionzeitung "Viva St. Pauli" schafften es zuletzt regelmäßig ins TV. Kreativität und Ideenfrische schufen Aufmerksamkeit. Auch inhaltlich bewiesen die Macher Sachverstand. Zuletzt beim Heimspiel gegen Köln. "Weg da! Das ist unser Platz!", so die Zeile zum Bild, auf dem Trainer Holger Stanislawski den Mannschaftsbus in Anlehnung an die Tabelle auf Parkplatz 15 lenkt, während sich Charles Takyi angriffslustig aus der Tür herauslehnt. Es folgte ein 3:0 mit Takyi als Doppeltorschützen, der 15. Platz war erfolgreich verteidigt worden.

Die aktuelle "Viva"-Ausgabe zeigt zwei galoppierende Pferde auf dem Geläuf des Millerntor-Stadions. Vor dem Duell mit den "Fohlen" von Borussia Mönchengladbach am heutigen Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) werden die beiden Konkurrenten im Abstiegskampf zu "Rivalen der Rennbahn". Und auch wenn statt Thomas Fritsch und Manfred Zapatka heute Stanislawski und sein Kumpel Michael Frontzeck die Hauptrollen besetzen, hätte der Titel treffender kaum sein können. Der Platz am Millerntor sieht aus, als wäre dort wenige Tage vor dem Hamburger Stadtduell das Deutsche Galoppderby ausgetragen worden.

Angst, dass der Acker die eingeplante Ernte in Form von drei Punkten kosten könnte, haben sie bei den Braun-Weißen allerdings nicht. "Vor zwei Wochen waren die Verhältnisse ähnlich, und da sind wir ja auch gut damit gefahren, dass wir uns mit dieser Thematik gar nicht erst beschäftigt haben", verweist Takyi auf das Köln-Spiel. Und auch für den Trainer liefert der 3:0-Sieg gegen einen Mitkonkurrenten im Abstiegskampf die passende Schablone für das Spiel gegen den Tabellenletzten. "Wir wollen ähnlich druckvoll spielen wie gegen Köln, mit 90-minütiger Dominanz", so Stanislawski, "Kratzen, Beißen und Spucken brauchen wir bei uns nicht zu predigen. Das setzen wir voraus. Aber nur allein mit Kämpfen und Laufen steigt man ab. Wir wollen und müssen auch guten Fußball spielen." Dass die Platzverhältnisse da nicht unbedingt zuträglich sind, weiß der Coach, biss sich aber auf die Zunge, strich sich über die raspelkurzen Haare und gab lieber den Komiker: "Wenn ich zum Friseur gehe, kann ich auch nicht sagen, ich hätte gern eine Dauerwelle. Wir passen uns den Gegebenheiten an."

Sie nehmen es, wie es ist am Millerntor. Die unüberhörbaren Nebengeräusche mit Rasenproblematik, Rhythmusstörung nach der Derby-Absage, Manipulationsvorwürfen und Kommerzdebatte werden auf stumm geschaltet. Wobei vor dem bedeutenden Duell im Kampf gegen den Abstieg ohnehin niemand nach Alibis sucht. "Die Partie ist sehr, sehr wichtig. Wir können einen direkten Mitkonkurrenten so richtig auf Abstand bringen", erinnert nicht nur Innenverteidiger Ralph Gunesch. Auf neun Punkte - bei einem mehr auszutragenden Spiel in der Hinterhand - würde der Abstand anwachsen. Eine große Chance. "Gladbach muss gewinnen, wir wollen gewinnen", verdeutlicht auch Stanislawski die vor allem für den auswärts zuletzt zweimal siegreichen Gegner brisante Situation.

Erstmals seit dem Spiel gegen den HSV ist das Millerntor ausverkauft, die Mannschaft wird die Nacht wie vor dem Köln-Sieg im Maritim-Hotel St. Georg verbringen. Vier Tage vor dem Derby und sieben vor dem stimmungsvollen Auftritt bei Borussia Dortmund sind alle Augen auf diese Partie gerichtet. Die Wahrheit liegt auf dem Platz - oder in diesem Fall auf dem Acker. Der soll sich in den kommenden Wochen übrigens von selbst erholen. "Ein Auswechseln des Rasens ist nicht geplant", sagt Sportchef Helmut Schulte.

Entscheidend ist für alle Beteiligten sowieso nur, dass St. Pauli am Ende die Nase, respektive die Nüstern vorne hat. Die Viva-Redaktion sieht die Braun-Weißen auf ihrem Titel jedenfalls schon mal um eine halbe Pferdelänge in Front.